
Guido Westerwelle: Stationen seiner Karriere
Deutsches Jein zum Libyen-Einsatz Schwarz-Gelb isoliert Westerwelle
Berlin - Sie waren schlecht ausgerüstet, für den Kampf gegen Muammar al-Gaddafis Truppe schienen die Rebellen nicht gewappnet. Dass die Aufständischen das Regime nach monatelangem Kampf doch überraschend zu Fall gebracht haben, ist auch ein Verdienst der Nato. Ein Verdienst Deutschlands ist es nicht.
Es war neben Kanzlerin Angela Merkel (CDU) entscheidend Außenminister Guido Westerwelle (FDP), der die Bundesrepublik nicht am Militäreinsatz beteiligen wollte und damit internationale Partner und Teile der schwarz-gelben Koalition verärgerte. Könnte diese Haltung nun das Ende seiner Karriere bedeuten?
Immer mehr Koalitionspolitiker distanzieren sich von der Haltung Westerwelles. Jetzt hat auch Merkel ein deutliches Zeichen gesetzt. Sie würdigt in der "Bild am Sonntag" laut Vorabbericht den Beitrag der Nato zum Machtwechsel in Libyen - und bekundete "tiefen Respekt" für den Einsatz. EU-Energiekommissar Günther Oettinger äußerte sich deutlicher. Am Sturz des Gaddafi-Regimes habe Deutschland "einen Anteil gleich null", sagte er. "Unser Boykott hat den Gaddafi nicht mal irgendwo erreicht, es waren die Waffen unserer Nato-Partner, es war nicht die deutsche Zurückhaltung."
Selbst Führungspolitiker der eigenen Partei düpieren Westerwelle. Am Freitag war bereits FDP-Chef Philipp Rösler seinem Vorgänger an der Parteispitze in den Rücken gefallen. "Unser tiefer Respekt und unsere Dankbarkeit gelten auch unseren Verbündeten, die Gaddafis Mordeinheiten entscheidend in den Arm gefallen sind", sagte er.
Dass jetzt FDP-Generalsekretär Christian Lindner nachzieht, dürfte kein Zufall sein. "Ich empfinde Hochachtung vor dem libyschen Volk, das sich aus den Ketten Gaddafis befreit hat", erklärte Lindner gegenüber der "Frankfurter Rundschau". "Und ich empfinde auch Respekt vor unseren Verbündeten, die Gaddafis Kriegsmaschinerie zerschlagen haben."
Ablösung Westerwelles im September?
Westerwelle selbst hatte in den vergangenen Tagen keine Worte der Anerkennung für die Nato gefunden. Er vermied es, den Alliierten Dank auszusprechen. Stattdessen verteidigte er die deutsche Haltung lautstark - und irritierte damit das politische Berlin. Auch in der FDP wird ihm dies als "Rechthaberei" ausgelegt.
Am Samstag dann plötzlich die Kehrtwende: Deutlich moderatere Töne findet er in einem Gastbeitrag für die "Welt am Sonntag". "Wir sind froh, dass es den Libyern auch mit Hilfe des internationalen Militäreinsatzes gelungen ist, das Gaddafi-Regime zu stürzen", schreibt Westerwelle. Er habe "Respekt für das, was unsere Partner zur Erfüllung von Resolution 1973 des Uno-Sicherheitsrates geleistet haben".
Doch kommen diese Äußerungen zu spät? In FDP-Kreisen in Berlin kursieren bereits Gerüchte, der glücklose Außenminister werde noch vor den anstehenden Landtagswahlen in Mecklenburg-Vorpommern und Berlin im September abgelöst. Der Wechsel könnte sogar schon in der kommenden Woche vonstatten gehen: Ab Dienstag treffen sich die Liberalen zur Fraktionsklausur, dort könnten die Personalien bereits entschieden werden. Den Parteirichtlinien zufolge muss ein neuer Außenminister von der Fraktion bestätigt werden.
Als mögliche Nachfolger sind drei Liberale im Gespräch:
- Werner Hoyer, derzeit Staatsminister im Auswärtigen Amt, ist einer davon. Hoyer ist ein profilierter Außenpolitiker - und gratuliert just an diesem Samstag in einem Gastbeitrag in der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung" der Nato zu ihrem erfolgreichen Einsatz in Libyen. Es sei müßig, darüber zu spekulieren, "ob auch andere Wege zu dem Ziel geführt hätten". Eine klare Distanzierung von Westerwelle.
- Außerdem gilt der Leiter der FDP-Gruppe im Europäischen Parlament, Alexander Graf Lambsdorff, als möglicher Nachfolger Westerwelles. Der Europa-Politiker arbeitete früher jahrelang im Außenamt.
- Als eher unwahrscheinlich gilt die dritte Variante: dass Entwicklungsminister Dirk Niebel ins Auswärtige Amt wechselt.
Die Opposition weidet sich längst an dem Konflikt innerhalb der schwarz-gelben Koalition. So kritisierte der SPD-Vorsitzende Sigmar Gabriel Westerwelles Selbstlob am Samstag mit scharfen Worten. "Es ist schlicht würdelos, dass Westerwelle jetzt so tut, als ob seine damaligen Entscheidungen zum Sturz von Gaddafi geführt haben", sagte er der Düsseldorfer "Rheinischen Post". Das Gegenteil sei der Fall. "Dass Gaddafi vertrieben werden konnte, haben wir dem Mut der vielen Menschen zu verdanken, die unter Einsatz ihres Lebens gegen das Gaddafi-Regime kämpfen."