Habeck zu Ukraine-Konflikt »Deutschland ist keine Kriegspartei und wird es nicht werden«

Außenministerin Baerbock hat öffentlich erklärt, Deutschland sei eine Kriegspartei im Konflikt zwischen Russland und der Ukraine. Bereits vor einigen Tagen hatte ihr Parteikollege Habeck erklärt, genau dies sei nicht der Fall. Nicht als Einziger.
Wirtschaftsminister Robert Habeck: »Putin hat mit der europäischen Nachkriegsordnung gebrochen«

Wirtschaftsminister Robert Habeck: »Putin hat mit der europäischen Nachkriegsordnung gebrochen«

Foto:

IMAGO/Christian Spicker

Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) betont, dass Deutschland im Ukrainekrieg keine Kriegspartei sei und auch nicht werde. »Das ist die Grenze«, sagte Habeck der »taz« vom Samstag. »Putin hat mit der europäischen Nachkriegsordnung gebrochen und einen souveränen Staat überfallen – hier, in Europa«, sagte Habeck mit Blick auf den russischen Präsidenten Wladimir Putin.

Er halte es für notwendig, die Ukraine bei ihrer Selbstverteidigung zu unterstützen, sagte Habeck. Damit Russland nicht siege, habe Deutschland die Unterstützung immer wieder angepasst und werde sie sicher immer wieder überprüfen.

Auf die Frage, unter welchen Umständen es zu Verhandlungen zwischen Russland und der Ukraine kommen könne, sagte der Grünenpolitiker: »Glauben Sie mir, es vergeht kein Tag, an dem ich mir nicht wünsche, dass der Krieg ein Ende hat. Aber für Verhandlungen muss die Ukraine in eine militärische Situation kommen, die ihr erlaubt, ihre territoriale Integrität wiederherzustellen.«

»Wir unterstützen die Ukraine, aber wir sind nicht Kriegspartei«

»Die Nato und Deutschland sind in diesem Angriffskrieg Russlands gegen die Ukraine nicht Kriegspartei«, sagte auch die stellvertretende Regierungssprecherin Christiane Hoffmann am Freitag in Berlin. »Wir unterstützen die Ukraine, aber wir sind nicht Kriegspartei.«

Außenministerin Annalena Baerbock hatte am Dienstag beim Europarat in Straßburg mit folgenden Worten zum Zusammenhalt der westlichen Verbündeten aufgerufen: »Wir kämpfen einen Krieg gegen Russland und nicht gegeneinander.« Die russischen Staatsmedien griffen diese Aussage dankbar als zentralen Schlüsselsatz für Kriegspropaganda auf – als Beleg dafür, dass Deutschland und die anderen EU-Länder direkte Konfliktpartei in der Ukraine seien und gegen Russland kämpften.

In der längeren Diskussion, in der die Aussage fiel, sei es darum gegangen zu unterstreichen, dass die EU, die G7-Staaten und die Nato geeint gegen den russischen Angriffskrieg in der Ukraine stünden, erklärte ein Sprecher des Auswärtigen Amts in Berlin. »Die russische Propaganda nimmt immer wieder Äußerungen, Sätze, Haltungen, Positionen der Bundesregierung, unserer Partner, und dreht sie so, dass es ihrem Ziel dient. Darauf jetzt hier einzugehen, ist meines Erachtens nicht sinnvoll«, sagte der Sprecher. »Wer hier eskaliert, ist Russland.« Im völkerrechtlichen Sinne sei Deutschland keine Konfliktpartei. »In diesem Kontext muss die Außenministerin verstanden werden«, sagte der Sprecher.

Auch die deutsche Botschaft in Moskau stützte sich auf diese Position: »Die Ukraine dabei mit Material zu unterstützen, ihr in der Uno-Charta verbrieftes individuelles Selbstverteidigungsrecht gegen den völkerrechtswidrigen Angriffskrieg Russlands auszuüben, macht Deutschland nicht zu einer Konfliktpartei.«

Die Sprecherin des russischen Außenministeriums, Maria Sacharowa, hatte eine Erklärung des deutschen Botschafters in Moskau zu »widersprüchlichen« Aussagen aus Berlin gefordert. Deutschland erkläre einerseits, in der Ukraine keine Konfliktpartei zu sein. Andererseits sage Baerbock, dass sich die Länder Europas im Krieg gegen Russland befänden. »Verstehen sie selbst, wovon sie da reden?«, schrieb Sacharowa im Nachrichtenkanal Telegram.

Kritik an Baerbock für Kriegsaussage

Auch aus Deutschland erntete Baerbock für ihre Aussage Kritik, unter anderem von Sachsens Ministerpräsident Kretschmer (CDU). CSU-Generalsekretär Martin Huber meinte: »Annalena Baerbock ist ein massives Sicherheitsrisiko für unser Land.« Wer von einer deutschen Kriegsbeteiligung rede, rede Deutschland in einen Krieg hinein. AfD-Co-Chef Tino Chrupalla forderte die Entlassung Baerbocks. »Die Bundesaußenministerin setzt mit ihrem unprofessionellen und vorlauten Verhalten Deutschlands Existenz aufs Spiel«, sagte er laut einer Mitteilung. Auch in den sozialen Netzwerken gab es harsche Kritik an Baerbock und ihren Äußerungen.

Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) hatte unterdessen am Mittwochabend im ZDF auf die Frage, ob sich Deutschland und seine Verbündeten mit den jetzt beschlossenen Panzerlieferungen nicht am Krieg beteiligten, geantwortet: »Nein, auf keinen Fall.« Er fügte hinzu: »Es darf keinen Krieg zwischen Russland und der Nato geben.«

Die Bundesregierung hatte der Ukraine zuvor 14 Leopard-2-Panzer aus Bundeswehrbeständen zugesagt. Auch andere Länder wie die USA hatten angekündigt, Kampfpanzer an Kiew zu liefern. Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) war wegen des Zögerns in der Kampfpanzer-Frage in Kritik geraten.

Anmerkung der Redaktion: In einer früheren Version dieser Meldung hieß es, Robert Habeck habe auf die Ausführungen von Annalena Baerbock reagiert. Tatsächlich hat er seine Aussage vor ihrer getätigt. Wir haben die entsprechende Stelle konkretisiert.

aeh/dpa
Die Wiedergabe wurde unterbrochen.
Playlist
Speichern Sie Audioinhalte in Ihrer Playlist, um sie später zu hören oder offline abzuspielen. Zusätzlich können Sie Ihre Playlist über alle Geräte mit der SPIEGEL-App synchronisieren, auf denen Sie mit Ihrem Konto angemeldet sind.
Jetzt anmelden
Sie haben noch kein SPIEGEL-Konto? Jetzt registrieren
Merkliste
Speichern Sie Ihre Lieblingsartikel in der persönlichen Merkliste, um sie später zu lesen und einfach wiederzufinden.
Jetzt anmelden
Sie haben noch kein SPIEGEL-Konto? Jetzt registrieren