Nürnberg - "Future starts here: FDP" heißt einer der Slogans auf den Plakaten beim Parteitag in Nürnberg. Im Plenum sind die Delegierten umgeben von blau-gelben Internet-Terminals - deren Bildschirme allerdings die meiste Zeit verlassen vor sich hinschimmern. Die neu angepeilte Wählerschicht der Liberalen ist nicht nur durch die Rede des Parteichefs Wolfgang Gerhardt eindeutig auszumachen: Das sind die Leute in den Start-ups, das ist die Internetgemeinde. Und die zu erreichen gibt sich die FDP alle Mühe. Eine Mannschaft von vier Leuten kümmert sich um den Internet-Auftritt der Liberalen. "Wir haben ein journalistisches Konzept," erklärt Uwe Evers, "obwohl das natürlich eigentlich eine PR-Geschichte ist". Leiter der Online-Redaktion steht denn auch auf der Visitenkarte des früheren Pressesprechers der FDP-Bundestagsfraktion.
Die Redaktion dürfe relativ selbständig arbeiten, der Tag beginne klassisch mit einer Redaktionskonferenz, sagt Evers. Zu aktuellen Themen gibt es Interviews mit FDP-Politikern. Oft dauere das Warten auf den Rückruf allerdings länger als das Interview selbst - da sei Überredungskunst gefragt. "Ich sag' dann immer, dass wir pro Woche mehr User haben als die Partei Mitglieder." Das Medium wird halt in der Partei selbst noch längst nicht so stark angenommen, wie es nach außen hin den Anschein hat. Das wird auch im Pressezentrum deutlich: Der große Journalisten-Tross, der angereist ist, um über den Parteitag zu berichten, muss sich drei ISDN-Anschlüsse teilen, die Handys haben an den Schreibtischen kaum Empfang.
Über die Antwort auf die Frage, wer sich denn von der Parteispitze besonders für das Web und die FDP-Page interessiert, muss er erst mal nachdenken. "Guido Westerwelle natürlich und Hermann-Otto Solms", sagt er dann. "Und Jürgen Möllemann hat für den Wahlkampf eine eigene Seite www.nrwbrauchttempo.de gehabt. Dass Wolfgang Gerhardt derzeit andere Themen habe, verstehe er, schiebt Evers noch hinterher.
Aber dennoch, es ist keine Frage, die FDP nimmt das Internet ernst. Während des Parteitages gründet ein Grüppchen Interessierter am Rande der Frankenhalle eine Internet-Initiative. Freiraum.net soll sie heißen und Parteimitgliedern, Unternehmern und - ganz wichtig - Start-ups für den Gedankenaustausch dienen. Am Samstag will die FDP den ersten virtuellen Landesverband gründen. Er wird, wie Gründer Alexander Graf Lambsdorff betont, als gleichberechtigter 17. Landesverband neben den 16 realen existieren - mit allen Rechten und Pflichten. Und deshalb darf, anders als beim bereits existierenden virtuellen SPD-Kreisverband, niemand, der schon einem "terrestrischen" (O-Ton Graf Lambsdorff ) Landesverband angehört, dort Mitglied werden.