"Die Grauen" Verfassungsrichter lassen Rentnerpartei auflaufen
Berlin/Karlsruhe - Die Seniorenvereinigung "Die Grauen" ist mit einem Eilantrag vor dem Bundesverfassungsgericht (BVerfG) gescheitert. Eigentlich wollte die Rentnerpartei ihre Zulassung zur Bundestagswahl am 27. September erzwingen - und gegen eine Entscheidung des Bundeswahlausschusses vorgehen, der Mitte Juli den "Grauen" ihren Status als Partei aberkannt hatte.

Senioren in Bayern: Rentnerpartei "Die Grauen" vor dem Aus
Foto: ddp"Die Grauen" gingen 2008 aus der Seniorenpartei "Die Grauen Panther" hervor. Die "Panther" - 1989 von der damals parteilosen Bundestagsabgeordneten Trude Unruh gegründet - waren zuletzt finanziell ruiniert: Weil ein Bundesmitglied Spendenquittungen gefälscht haben soll, um Zuschüsse vom Staat zu erschummeln, hatte der Bund eine Zahlung in Millionenhöhe gefordert. Im März 2008 lösten sich die "Panther" dann selbst auf. "Die Grauen" verstehen sich wie ihre Vorgänger vor allem als Interessenvertretung von Rentnern.
In der am Donnerstag in Karlsruhe beantragten einstweiligen Anordnung hatten "Die Grauen" eine "Verletzung der Wahlrechtsgleichheit und der Chancengleichheit" angeführt. "Wir sind im Sinne des Parteiengesetzes eine Partei und verfügen über bundesweite Mitglieder", protestierte der stellvertretende Bundesvorsitzende Michael Schulz.
Doch die Karlsruher Richter ließen die Seniorenpartei am späten Freitagnachmittag abblitzen. Die 3. Kammer des Zweiten Senats des BVerfG schmetterte den Antrag "wegen Unzulässigkeit" ab, so heißt es in einer Mitteilung des Gerichts, die SPIEGEL ONLINE vorliegt. Das Begehren sei "von vornherein unzulässig" gewesen, erklärte das Gericht.
Die Entscheidung aus Karlsruhe könnte für die Vereinigung nun endgültig das politische Aus bedeuten. Für eine Stellungnahme waren "Die Grauen" am Freitagabend nicht zu erreichen.
Widerspruch im Wahlrecht?
Dass eine Verfassungsbeschwerde in diesem Fall so einfach abgelehnt werden kann, liegt in einem höchst umstrittenen juristischen Umstand begründet: Zwar darf eine Vereinigung nach dem Bundeswahlgesetz Einspruch beim Bundestag einlegen, und in einem nächsten Schritt mit einer Wahlprüfungsbeschwerde vor das Bundesverfassungsgericht ziehen.
Möglich ist dies allerdings erst nach der Wahl. Eine endgültige Entscheidung fällt oft erst nach Jahren und hängt davon ab, ob sich ein möglicher Verstoß überhaupt auf die Sitzverteilung hätte auswirken können.
Der Knackpunkt: Eigentlich sieht die Verfassung vor, dass gegen jede staatliche Entscheidung der "Rechtsweg" eröffnet ist - also sofort ein Gericht angerufen werden kann. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverfassungsgericht gilt das aber nicht in Wahlangelegenheiten.
Die Ablehnung des Antrags der Seniorenpartei weist darauf hin, dass sich diese Linie nicht geändert hat - und zeigt, dass Kleinparteien wie den "Grauen" nach wie vor die Hände gebunden sind, wenn sie gegen ein "Nein" des Bundeswahlleiters vorgehen wollen.
Im laufenden Wahljahr könnte die Regelung noch für Zündstoff sorgen. Mehr Splitterparteien denn je wollten 2009 in den Bundestagswahlkampf ziehen. Allerdings wurden auch ungewöhnlich viele ausgesiebt: 31 von insgesamt 52 Kleinparteien akzeptierte der Bundeswahlausschuss nicht als Partei. Darunter die "Allgemeine Pogo Partei Deutschlands" (APPD), die "Bürger-Partei Deutschland" (BPD) oder auch die PARTEI ("Partei für Arbeit, Rechtsstaat, Tierschutz, Elitenförderung und basisdemokratische Initiative"), eine Vereinigung der Satirezeitschrift "Titanic".
Auch die neugegründete Partei der Ex-CSU-Politikerin Gabriele Pauli musste eine herbe Schlappe einstecken: Etliche Landeswahlausschüsse ließen die Freie Union am Freitag nicht zur Bundestagswahl zu, weil sie nicht die erforderlichen Unterstützer-Unterschriften vorgelegt hatte.