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Griechenland: Das Wochenende der Entscheidungen

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Dramatische Verschuldung Westerwelle richtet scharfe Warnung an Griechenland

Der deutsche Außenminister macht Druck: Nur wenn Griechenland jetzt entschlossen mit Taten reagiere, könne es noch mit deutscher Unterstützung rechnen, sagte Westerwelle dem SPIEGEL. "Nieder mit der Diktatur der Monopole der EU", fordern andererseits Demonstranten in Athen.

Hamburg - Im Athener Parlament läuft der vorerst letzte Akt des innenpolitischen Dramas: Am Sonntag stimmen die Abgeordneten über das jüngste Sparpaket für ihr hochverschuldetes Land ab. Bundesaußenminister Guido Westerwelle lehnt derweil weitere Vorleistungen an Griechenland scharf ab. "Wenn in Athen die Weichen jetzt nachhaltig richtig gestellt werden, kann Griechenland mit unserer Unterstützung rechnen - aber nur dann. Vorleistungen kann es nicht mehr geben. Jetzt zählen nur noch Taten", sagte der FDP-Politiker gegenüber dem SPIEGEL.

Es sei das "klare Ziel", Griechenland auf jeden Fall im Euro zu halten. Aber es reiche "nicht, Reformprogramme zu beschließen, sondern es ist notwendig, dass die Umsetzung der Reformen unverzüglich begonnen wird. Nicht irgendwann - sondern jetzt", sagte Westerwelle. Gleichzeitig warnte der Außenminister vor deutschem Auftrumpfen: "Wenn wir glauben, wir müssten die teutonische Keule auf der Woge des großen wirtschaftlichen Erfolgs schwingen, werden wir irgendwann feststellen: Das war keine Keule, das war ein Bumerang."

Das griechische Parlament will am Sonntag in einer nächtlichen Sitzung abstimmen. Der halbamtlichen Nachrichtenagentur ANA zufolge geht es dabei zunächst um drei Punkte: Maßnahmen zur Rekapitalisierung der griechischen Banken, eine Vollmacht für Ministerpräsident Loukas Papademos und Finanzminister Evangelos Venizelos zur Unterzeichnung des Rettungspakets der Euro-Länder sowie den geplanten Schuldenschnitt mit den privaten Gläubigern von 50 Prozent.

Die Euro-Finanzminister hatten ihre Entscheidung über einen 130-Milliarden-Euro-Kredit auf kommenden Mittwoch vertagt und damit Athen eine Frist gesetzt. Mit weiteren Milliardenhilfen kann das Land nur rechnen, wenn es neue Einsparungen in Höhe von 325 Millionen Euro beschließt und sich die Chefs der Regierungsparteien schriftlich zur Umsetzung des Sparprogramms verpflichten. Die geplanten Einschnitte sehen unter anderem kräftige Lohnkürzungen im Privatsektor sowie Entlassungen von 150.000 Staatsbediensteten bis 2015 vor.

Parteichefs ringen verzweifelt um jede Stimme im griechischen Parlament

Bekommt Griechenland keine neue Milliardenhilfen, ist das Land bis Ende März pleite. Griechenland hängt bereits seit 2010 am internationalen Finanztropf, kommt aber mit den damals zugesagten Hilfen nicht aus. Ein "Nein" des Parlaments wäre katastrophal, warnte Parteichef Georgios Papandreou. "Nein" müsse man sagen "zu den Fehlern die unser Land gemacht hat und zu unseren Schwächen", fügte er hinzu. "Der wahre Feind ist unser eigenes System".

Die Parteichefs des griechischen Regierungslagers, Papandreou und Antonis Samaras, forderten die insgesamt 236 Parlamentarier ihrer Fraktionen eindringlich zu einem geschlossenen "Ja" zu dem Sparpaket auf. Insgesamt hat das griechische Parlament 300 Sitze. Die ultrarechte "Laos"-Partei scherte am Freitag aus der Regierungskoalition mit den Sozialisten und Konservativen aus. Sie verfügt im Parlament jedoch nur über 16 von insgesamt 300 Abgeordneten, so dass mit einer Verabschiedung des Sparpakets durch die Mehrheit aus Pasok und ND gerechnet wurde.

Das von den internationalen Geldgebern auferlegte Sparprogramm hat am Samstag erneut landesweite Proteste ausgelöst. In Athen versammelten sich am zweiten Tag in Folge rund 3500 Menschen, im nordgriechischen Thessaloniki gingen rund 4000 Menschen auf die Straße. Die griechischen Gewerkschaften legten mit umfangreichen Streiks das öffentliche Leben weitgehend lahm. Betroffen waren erneut vor allem die Verkehrsmittel Bus, Bahn sowie Fähren. Mitglieder der Kommunistischen Partei (KKE) hängten auf der Akropolis, dem Wahrzeichen Athens, ein großes Transparent auf mit dem Spruch "Nieder mit der Diktatur der Monopole der EU".

lgr/dpa/AFP
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