Bundeswehr Zweifel an Drohnen-Projekten wachsen

Predator-Drohne des US-Militärs: kontroverse Diskussion
Foto: CHARLES J. HANLEY/ APBerlin - Die Pläne zur Beschaffung unbemannter Drohnen für die Bundeswehr stocken. Sowohl die Anschaffung des schon länger in der Entwicklung befindlichen Modells "Eurohawk" für die Luftaufklärung als auch Wünsche der Luftwaffe nach raketenbestückten Drohnen wie dem US-Modell "Predator" ruhen offenbar vorerst. Die ARD berichtete am Donnerstagabend unter Berufung auf ein Schreiben des Verteidigungsstaatssekretärs Thomas Kossendey, dass es mittlerweile erhebliche Zweifel am geplanten Kauf von neun "Eurohawks" gibt. Die Entwicklung der Riesen-Drohne dauert schon Jahre, doch bis jetzt gibt es nur ein Demonstrationsmodell. Die Kosten belaufen sich aber schon auf hunderte Millionen Euro. Die Drohne mit einer Spannweite von 40 Metern ist für die Überwachung von Krisenzonen aus der Luft ausgelegt.
Die ARD berichtet unter Berufung auf das Schreiben von Kossendey, dass der Kauf von neun "Eurohawks" für die Bundeswehr mehr oder minder vor dem Aus stehe. So sei von "nicht unerheblichen Mehrkosten" die Rede, die notwendig seien, um überhaupt eine luftverkehrsrechtliche Zulassung für den Betrieb der Drohne zu erhalten. Experten rechneten demnach mit bis zu 500 Millionen Euro Mehrkosten. "Derzeit wird abschließend geprüft, ob eine Beschaffung vor dem Hintergrund der Zulassungsproblematik zu rechtfertigen sei", heißt es laut dem Bericht in Kossendeys Schreiben.
Weitaus kontroverser als die Beschaffung der "Eurohwak"-Drohne war in den vergangenen Wochen der Wunsch der Bundeswehr diskutiert worden, für die Truppe bewaffnete Drohnen zu erwerben. Der Chef der Luftwaffe hatte sich recht unmissverständlich für den Kauf von Kampfdrohnen vom Typ "Predator" ausgesprochen. Verteidigungsminister Thomas de Maizière hatte sich zumindest offen für die Beschaffung solcher Drohnen ausgesprochen und eine Entscheidung für die kommenden Monate angekündigt.
Die Kampfdrohnen-Pläne hatten zu einer hitzigen Debatte zwischen den politischen Lagern geführt. Gegner argumentieren immer wieder mit den mehr als umstrittenen Drohnen-Einsätzen des US-Militärs und des US-Geheimdienstes CIA gegen Terror-Verdächtige und Anhänger des Netzwerks al-Qaida. Die Todes-Missionen, gesteuert von tausende Kilometer entfernt vom Einsatzort sitzenden Piloten, sind weltweit fest mit dem Namen "Predator" verbunden.
Ob die Bundeswehr allerdings tatsächlich zeitnah diese US-Drohnen kaufen wird, erscheint derzeit unwahrscheinlich. Eine entsprechende Anfrage der Bundeswehr an die USA blieb bisher ohne Antwort.
Der US-Kongress muss den Export der High-Tech-Waffen genehmigen. Wann und wie der Kongress jedoch überhaupt in den kommenden Monaten über die deutsche Anfrage entscheidet ist ungewiss. In Berlin ist man sich noch nicht einmal sicher, ob es überhaupt eine entsprechende Antwort geben wird. Andere europäische Länder haben kürzlich mit den USA ähnliche Erfahrungen gemacht. Folglich sieht es derzeit so aus, dass es vor der Bundestagswahl wohl gar keine Entscheidung mehr über die "Predator"-Drohnen geben wird.
Nach einem Briefing de Maizières vor ausgewählten Top-Politikern, gewannen einige von ihnen kürzlich den Eindruck, der Minister wolle das heikle Thema vertagen und die zu erwartende Diskussion nicht im Bundestagswahlkampf führen. Die ARD zitiert in ihrem Bericht einen nicht namentlich genannten Unions-Mann mit den Worten, das Thema Drohnen "würde uns im Wahlkampf auf die Füße fallen".
Wie die Bundeswehr, die zumindest auf Aufklärungsdrohnen dringend angewiesen ist, mit der verfahrenen Lage umgeht, ist kaum abzusehen. In Luftwaffenkreisen heißt es, im Fall des Falls werde man zunächst einen bald auslaufenden Leasing-Vertrag für mehrere israelische "Heron"-Aufklärungsdrohnen verlängern, um diese weiterhin im Krisengebiet Afghanistan einsetzen zu können.
Das "Heron"-Modell gilt technisch als ausgereizt. Zudem setzt die Führung der Luftwaffe unvermindert auf die Notwendigkeit einer bewaffneten Drohne, um auf kommende Konflikte vorbereitet zu sein. Aus Sicht der Militärs macht nur der Kauf von "Predator"-Drohnen derzeit Sinn, da das System durch die US-Armee in der Praxis getestet ist.
Zwar gibt seit Jahren auch Pläne für die Entwicklung einer europäischen Drohne -eine Realisierung ist indes kaum abzusehen. Deutschland und Frankreich, so ein Sachstandsbericht aus dem Wehrressort, hätten zwar im September 2012 eine Absichtserklärung für die Entwicklung unterzeichnet. Allerdings könne "die Realisierung nicht automatisch als gesichert gelten", vielmehr seien "Zeit- und Kostenrahmen" noch "nicht belastbar vorauszusagen".
An der Notwendigkeit von Drohnen für die Bundeswehr hingegen hält auch das Schreiben von Mitte März klar fest: Es konstatiert für die Bundeswehr in diesem Bereich eine "Fähigkeitslücke". Deswegen werde mit Sicherheit eine "Überbrückungslösung" notwendig - also der Kauf eines Produkts wie die "Predator"-Drohne aus den USA.