BKA-Chef Ziercke unter Druck Kommissar Teflon

BKA-Präsident Ziercke: Kommt jetzt ein Untersuchungsausschuss?
Foto: Bernd von Jutrczenka/ dpaBerlin - So dürfte sich Jörg Ziercke den Start in einen Tag vor dem Innenausschuss vorgestellt haben. Zum Auftakt gleich ein Punktsieg. Es geht um die Frage, ob der BKA-Präsident und die von ihm mitgebrachten Beamten getrennt voneinander befragt werden. So könnten sich beide Seiten womöglich in Widersprüche verstricken. Doch Union und SPD halten davon nichts. Mit ihrer Mehrheit lehnen sie den Vorstoß der Opposition ab.
Die schwarz-rote Botschaft ist gleich zu Beginn klar: Von uns, lieber Jörg Ziercke, hast du in der Edathy-Affäre nichts mehr zu befürchten. Fragen ja. Wirkliche Aufklärung nein. So sehen Union und SPD das.
Zum vierten Mal tritt Ziercke jetzt schon vor den Innenausschuss des Bundestags. Er steht massiv in der Kritik, weil sein Haus in den kanadischen Kinderporno-Unterlagen zwei Jahre lang den Namen Sebastian Edathy nicht entdeckt haben will. Außerdem musste Ziercke mehrfach seine Darstellung des Ablaufs korrigieren. Man kann sagen: Er macht keine gute Figur.
Aber Fehler? Will er persönlich nicht gemacht haben, und auch seine Mitarbeiter spricht er frei. Stattdessen beschwert sich der BKA-Präsident hinter verschlossenen Türen erneut über "Verschwörungstheorien" und Angriffe auf seine Person. Ähnlich sehen das die Sozialdemokraten. Es gebe "keinen Grund, tiefer in die Materie einzudringen", stellt der SPD-Abgeordnete Michael Hartmann fest.
Schwarz-roter Schutzschirm über Ziercke
Der Schutzschirm, den Union und SPD spannen, sorgt für schwere Verstimmungen im Ausschuss, nicht zuletzt weil parallel eine SPIEGEL-ONLINE-Meldung über Kinderporno-Ermittlungen gegen einen weiteren Polizisten die Runde macht. Einige Abgeordnete hätten sich gewünscht, dass Ziercke das von selbst anspricht, auch wenn der Fall nicht seine eigene Behörde betrifft.
Die Opposition ist ohnehin aufgebracht. "Hart gegen null" gehe der Aufklärungswille der großen Koalition, sagt der Grünen-Innenpolitiker Konstantin von Notz. Die Anhörung sei eine "parlamentarische Peinlichkeit" gewesen, sekundiert Linken-Mann Jan Korte. Für sie sind die Zusammenhänge zu undurchsichtig. Es gibt zu viele Zufälle. Mindestens aber "gravierende organisatorische Mängel", so die Grünen-Abgeordnete Irene Mihalic.
Nur einen nehmen sie von der Kritik aus: den Ausschussvorsitzenden Wolfgang Bosbach (CDU). Der gibt sich vor den Türen erneut irritiert über Ziercke und seine Leute. "Die Stimmung im Ausschuss ist nicht gut, und wenn ich sage, was ich denke, wird die Stimmung nicht besser."
Um zwei Aspekte geht es an diesem Tag. Zierckes Kritiker interessieren sich besonders für die Rolle von vier BKA-Mitarbeitern. Diese gaben nach Übermittlung des Beweismaterials aus Kanada zwischen Oktober 2012 und Oktober 2013 den Namen Edathy ins interne System ein, bekamen dabei auch den sensiblen Kinderporno-Vorgang angezeigt, forschten aber angeblich nicht nach. Wie kann das sein?
Die Version der Mitarbeiterin, die am 21. Dezember 2012 die erste Suchanfrage machte, geht so: Anlass sei ein Sprengstoffanschlag auf Edathys Büro gewesen. Es habe damals "eine WE-Meldung" gegeben: Wichtiges Ereignis. Daraufhin sei sie tätig geworden. Warum sie und die anderen drei BKA-Beamten dem anderen Vorgang, also der Frage nach möglichen Kinderpornos, nicht nachgingen? Ihr Augenmerk sei eben auf etwas anderes gerichtet gewesen.
Opposition wundert sich
Zudem fragen die skeptischeren Abgeordneten, warum die erste Grobsichtung des Beweismaterials im Januar 2012 unterbrochen wurde, obwohl man im BKA damals schon einen eigenen Beamten auf der Kundenliste entdeckt hatte. Die Sachbearbeiterin, die die Grobsichtung damals verantwortete, hatte zuletzt angegeben, die Recherche aufgrund einer Weisung gestoppt zu haben. Ein heikler Punkt. Hatte im Haus jemand Interesse an einer schleppenden Bearbeitung der Liste? Christian Hoppe, Leiter des Kinderpornografie-Referats, will im Ausschuss von einer Weisung nicht sprechen. Offen bleibt, warum nicht weiter geforscht wurde.
Es sind aus Sicht von Grünen und Linken nur zwei Beispiele dafür, weshalb die Aufklärung auch nach der vierten Sitzung weitergehen muss. Wie, darüber sind sich die Oppositionsparteien noch nicht einig. Die Grünen setzen auf einen kurzen Untersuchungsausschuss. Vier Sitzungen, anderthalb Monate. "Wir wollen keine Showveranstaltung", sagt Innenexperte von Notz. Die Linken, die die Grünen für ihre Pläne bräuchten, hadern noch, sie wollen Ende der Woche entscheiden.
Für Ziercke wäre ein Untersuchungsausschuss gefährlich. Er und seine Beamten müssten unter Eid aussagen - getrennt voneinander. Und natürlich müssten wichtige Akten übermittelt werden, darunter womöglich auch die berüchtigte Kinderporno-Kundenliste.
Wer weiß, was diese Liste dann noch an unangenehmen Fällen zu Tage fördert.