Kinderporno-Ermittlungen Edathy weitet Beschwerde gegen Staatsanwälte aus

SPD-Politiker Edathy (Archivbild): "Missachtung der Unschuldsvermutung"
Foto: Hannibal Hanschke/ dpaHamburg - Sebastian Edathy hat seine Dienstaufsichtsbeschwerde gegen den Leiter der Staatsanwaltschaft Hannover ausgeweitet. Sein Anwalt Christian Noll erklärte: "Die Ermittlungsbehörden haben bei ihrem Umgang mit Sebastian Edathy jedes Maß verloren. Zu der Missachtung der Unschuldsvermutung und der Benennung von Details aus seiner Privatsphäre kommt nunmehr die Verletzung von Dienstgeheimnissen hinzu."
Konkret geht es um einen Bericht der "Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung" (FAS). Das Blatt hatte am Sonntag über konkrete Foto- und Videobestellungen Edathys berichtet und sich dabei auf einen Vermerk des Bundeskriminalamts (BKA) bezogen. Die "FAS" zitierte wörtlich aus dem Vermerk und nannte auch Titel der Bestellungen.
Anwalt Noll erhob schwere Vorwürfe: "Herr Edathy muss davon ausgehen, dass die Ermittlungsbehörden die vollständige Ermittlungsakte der 'Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung' zugänglich gemacht haben. Hierbei handelt es sich um eine Straftat."
Edathy habe erneut Niedersachsens Justizministerin Antje Niewisch-Lennartz (Grüne) ersucht, der Staatsanwaltschaft Hannover sowie der vorgesetzten Generalstaatsanwaltschaft Celle die Zuständigkeit für das Verfahren zu entreißen. Bereits am vergangenen Montag hatte Noll eine Dienstaufsichtsbeschwerde gegen den Hannoveraner Staatsanwalt Jörg Fröhlich eingelegt.
Edathy veröffentlicht SMS-Wechsel
Edathy hatte am Sonntag angekündigt, sich an diesem Montag äußern zu wollen. "Morgen Pressemitteilung. Es werden seit Wochen Regeln von Recht und Anstand massiv verletzt", heißt es in einem Facebook-Eintrag des SPD-Politikers. Edathy soll im Ausland untergetaucht sein. Dem SPIEGEL sagte der Politiker, er habe telefonische Morddrohungen erhalten. Er könne daher weder in seine Heimat Niedersachsen noch nach Berlin zurückkommen.
In der Nacht zum Montag stellte er dann einen Screenshot eines SMS-Wechsels auf seine Facebook-Seite, der die Kommunikation zwischen ihm und der Chefredaktion der "Bild"-Zeitung zeigen soll. Dazu schrieb er: "Chefredaktion 'Bild' at its best...".
Die Staatsanwaltschaft Hannover ermittelt gegen Edathy wegen des Verdachts auf Besitz kinderpornografischen Materials. Für politischen Wirbel sorgt der Fall, weil der damalige Innenminister Hans-Peter Friedrich (CSU) im vergangenen Oktober SPD-Chef Sigmar Gabriel darüber informierte, dass der Name Edathy bei internationalen Ermittlungen aufgetaucht sei. Gabriel setzte dann weitere SPD-Spitzenpolitiker in Kenntnis. SPD-Fraktionschef Thomas Oppermann machte das Gespräch Friedrichs mit Gabriel vor wenigen Tagen öffentlich. Friedrich - inzwischen Landwirtschaftsminister - geriet in den Verdacht des Geheimnisverrats und trat zurück.
Kritik an BKA
Auch das BKA steht wegen seines Handelns in der Affäre in der Kritik. Ranghohe Vertreter aus den Reihen der Opposition und der FDP zogen in der "Bild"-Zeitung die Darstellung in Zweifel, wonach das BKA den Namen Edathys über zwei Jahre hinweg nicht im Datenmaterial zu den Kunden eines kanadischen Kinderporno-Versandhändlers entdeckt haben will. Der Zeitung zufolge kursiert unter den Innenpolitikern im Bundestag der Verdacht, das BKA könnte Informationen über den im Januar 2012 zum Vorsitzenden des NSU-Untersuchungsausschusses gewählten Edathy bewusst ignoriert haben.
Die SPD-Spitze strebt jetzt offiziell den Rauswurf Edathys aus der Partei an. "Es gibt ein formales Parteiordnungsverfahren gegen Herrn Edathy", sagte SPD-Generalsekretärin Yasmin Fahimi nach einer Besprechung des Parteipräsidiums. Man habe das Verfahren einstimmig an die Bezirksschiedskommission in Hannover übergeben.
Fahimi begründete den Schritt mit moralisch unkorrektem Verhalten Edathys. Er selbst betont, nichts Strafbares getan zu haben. Bereits vor einer Woche hatte der SPD-Vorstand einstimmig das Ruhen der Mitgliedsrechte gemäß Paragraf 18 der SPD-Satzung beschlossen. Damit geht ein Parteiordnungsverfahren einher, das einen Parteiausschluss zum Ziel hat.