Die Zahl der Einwanderer nach Deutschland war 2013 so hoch wie seit 20 Jahren nicht mehr. Dadurch konnte das Geburtendefizit in der Bundesrepublik ausgeglichen werden. Für dieses Jahr rechnen die Statistiker mit noch mehr Zuwanderern aus Osteuropa.
Passanten in München: Größte Gruppe der Zuwanderer kommt aus Polen
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Berlin - Die Einwohnerzahl in Deutschland ist im dritten Jahr in Folge gestiegen. Knapp 80,8 Millionen Menschen lebten Ende 2013 in der Bundesrepublik, das waren etwa 300.000 mehr als vor Jahresfrist. Diese Zahlen nannte das Statistische Bundesamt am Mittwoch auf Grundlage einer Schätzung.
Ursache für den Bevölkerungszuwachs sei der erneut starke Zuzug von Ausländern, der so hoch war wie seit 20 Jahren nicht mehr. Erstmals seit 1993 zogen über 400.000 Menschen mehr nach Deutschland als ins Ausland gingen. Besonders stark war die Zuwanderung aus Osteuropa und den Euro-Krisenländern.
Genaue Daten zu den Herkunftsländern der Zuwanderer gibt es bisher nur für das erste Halbjahr 2013. Daraus ergibt sich, dass die größte Gruppe der Zuwanderer aus Polen stammt, danach folgen Rumänien, Italien, Ungarn und Spanien.
Erneut starben im vergangenen Jahr in Deutschland mehr Menschen als geboren wurden. Dieses sogenannte Geburtendefizit lag nach Schätzung der Statistiker zwischen 200.000 und 220.000. Da sich die hohe Zuwanderung auf Dauer wohl nicht halten lässt, rechnen viele Experten wegen der niedrigen Geburtenrate mittelfristig mit einer schrumpfenden Bevölkerung. Nach einer Modellrechnung des Statistikamts könnte sie bis 2060 auf knapp 70 Millionen zurückgehen.
In diesem Jahr könnte sich die Zahl der Zuwanderer weiter erhöhen. Grund sind neue Regelungen der EU: Während für Polen und andere EU-Länder schon seit 2011 die volle Arbeitnehmerfreizügigkeit gilt, dürfen Bulgaren und Rumänen erst seit dem Jahreswechsel frei entscheiden, wo sie leben und arbeiten möchten. Das IAB rechnet damit, dass allein dadurch die Nettozuwanderung um 30.000 bis 110.000 Personen steigen wird.
Viele konservative Politiker, vor allem aus den Reihen der CSU, warnen mit drastischen Worten davor, dass nach dem Fall der Grenzen verstärkt Armutsflüchtlinge nach Deutschland kommen und hier Sozialleistungen beanspruchen könnten. Am Dienstag beschloss die CSU auf ihrer Klausurtagung in Wildbad Kreuth ein entsprechendes Papier, das die Losung enthält: "Wer betrügt, der fliegt."
Die Bundesbürger sind beim Thema Freizügigkeit innerhalb der EU laut einer Umfrage gespaltener Ansicht. Ein Viertel der Befragten hält es aus deutscher Sicht für schädlich, dass EU-Bürger überall in der Gemeinschaft arbeiten dürfen. 44 Prozent sehen aber eher einen Nutzen für Deutschland, wie eine am Mittwoch veröffentlichte Forsa-Erhebung im Auftrag von "Stern" und RTL ergab. Das Institut hatte am 2. und 3. Januar 1003 repräsentativ ausgesuchte Bundesbürger befragt.
Weniger klar sind die Mehrheitsverhältnisse bei der Bewertung der seit Januar geltenden vollen Freizügigkeit in der EU für Bulgaren und Rumänen: 42 Prozent finden diese falsch, 50 Prozent richtig. Die Angst vor sogenannter Armutseinwanderung finden 60 Prozent berechtigt und 36 Prozent übertrieben