Elsterwerda "Das hat keiner verdient"

"Abartig" findet die SPD-Basis im brandenburgischen Elsterwerda, wie Kurt Beck abserviert wurde. Aber man hofft nach dem Beben an der Parteispitze jetzt auf Ruhe und Geschlossenheit - schließlich stehen Kommunalwahlen an.

Elsterwerda - Er wird das Thema nicht vermeiden können. Eine Viertelstunde redet Matthias Platzeck über die Energieregion Lausitz, über ein kinderfreundliches Deutschland, über Zukunft und Perspektiven. Die SPD-Mitglieder in Elsterwerda hören andächtig zu. "Ich wünsche noch einen schönen Abend", sagt Matthias Platzeck zum Abschluss. Blasmusik. Klatschen. Bier holen.

Landeschef Platzeck mit dem Unterbezirksvorsitzenden Klaus Richter beim SPD-Fest in Elsterwerda: "Sie werden unsere Kampfeslust wecken"

Landeschef Platzeck mit dem Unterbezirksvorsitzenden Klaus Richter beim SPD-Fest in Elsterwerda: "Sie werden unsere Kampfeslust wecken"

Foto: SPIEGEL ONLINE

Doch dann dreht Platzeck sich um und nimmt noch einmal das Mikrofon: "Also, Beck und Steinmeier, dazu sage ich noch was."

Müntefering und Steinmeier, die seien gestandene Männer, sagt der Ministerpräsident von Brandenburg und SPD-Landesvorsitzende: "Die beiden werden unsere Kampfeslust wecken."

Besonders angriffslustig zeigen sich die Genossen im Süden Brandenburgs am heutigen Abend nicht - eher erleichtert. "Immer dieses Hin und Her", brummt Peter Schwarz, der acht Jahre Bürgermeister in Elsterwerda war und jetzt für den Kreistag kandidiert. "Lieber ein Ende mit Schrecken als ein Schrecken ohne Ende." Ein untersetzter älterer Mann mit grauem Bürstenhaarschnitt pflichtet ihm bei: "Es wird Zeit, dass Linie reinkommt."

Am 28. September sind Kommunalwahlen in Brandenburg. Schon vor Wochen hat der Unterbezirk Elbe-Elster das Grillfest mit Matthias Platzeck geplant. Konnte ja keiner ahnen, was am Schwielowsee passiert. 130 Leute sind gekommen, trotz des turbulenten Wochenendes nicht mehr als erwartet. Einige begrüßen sich mit dem Worten: "Wurde aber auch Zeit." Sie sitzen im Garten des Kegelklubs ESV Lokomotive Elsterwerda auf Bierbänken, weißen Plastikstühlen und mit braunem Cord bezogenen Holzstühlen. Am Grillstand gibt es "Bier, Bratwurst, Brause" für einen Euro.

Einer der Gastgeber ist Mirko Freigang, Ortsvereinsvorsitzender in Elsterwerda. "Nicht gerade dienlich", seien die Querelen in Berlin gewesen. Sorgfältig wählt er seine Worte. Vor fünf Jahren, bei den letzten Kommunalwahlen, lief gerade die Debatte um die Agenda 2010. Das hat die SPD in Brandenburg Stimmen gekostet. Ein "positives Signal" sei die Entscheidung vom Sonntag, sagt Freigang, eine "gute Personalie", die "Chemie zwischen den Akteuren" stimme.

Die Umstände von Becks Abgang - "ein Schock"

Besonders Steinmeier kommt in Elsterwerda gut an. Der Wessi aus Detmold ist jetzt einer von ihnen. Steinmeier kandidiert bei der Bundestagswahl im Wahlkreis Brandenburg-Havel, auf seiner Sommerreise ist er durch die benachbarten Wahlkreise gereist. Eine tolle Ausstrahlung habe er, gar nicht wie ein Bürokrat, sind sich die SPD-Mitglieder in Elsterwerda einig, außerdem habe er ein "hohes Ansehen".

Aber dass Beck so plötzlich als Parteivorsitzender zurückgetreten ist, hat in Elsterwerda viele überrascht - und enttäuscht. "Ein Schock" sei das gewesen. "Abartig" findet Kerstin Weide die Umstände von Kurt Becks Abgang. Sie ist Geschäftsführerin des Unterbezirks Elster-Elbe: "Durch Intrigen seinen Posten zu verlieren, das hat keiner verdient." Doch dann wird ihre Stimme lauter, sie schüttelt verständnislos den Kopf: "Aber das ist jetzt einfach so. Das soll man einfach mal so hinnehmen."

Keine Wolke trübt den Himmel über Elsterwerda an diesem Abend. Bunte Lichter baumeln vom Grillstand, Matthias Platzeck sitzt an einem Biertisch und lässt sich geduldig fotografieren. Wenige Meter entfernt sitzen die Jusos in einer Laube, an der Wand hängt eine Brandenburg-Flagge. Dass die Leute sie an Infoständen immer auf Bundesthemen und die Bundes-SPD ansprechen, stört sie schon. Vielleicht sei das ja jetzt vorbei, hofft einer: "Hoffentlich machen die da oben nicht noch Gewusel bis zum 28. September."

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