Emanzipation Alice Schwarzer kritisiert Schröders Gattin
Berlin - Schröder-Köpf hatte der CDU-Chefin kürzlich indirekt ihre Kinderlosigkeit vorgehalten und in einem Interview gesagt, Merkel verkörpere mit ihrer Biografie nicht die Erfahrungen der meisten Frauen, die es beschäftige, wie sie Familie und Job unter einen Hut bekämen, ob sie nach der Geburt für mehrere Jahre aussteigen wollten oder wie sie ihre Kinder am besten erzögen. "Das ist nicht Merkels Welt", sagte die Kanzlergattin, die der CDU-Politikerin auch eine Mitschuld an der geringen Geburtenzahl in Deutschland gab. Schließlich habe sie als zuständige Ministerin im Kabinett Kohl keine frauen- und familienfreundliche Politik gemacht.
"Ich halte es für unverantwortlich, dass die Kanzlergattin es wagt, die Kanzlerkandidatin deswegen anzugreifen", sagte jetzt "Emma"-Chefin Schwarzer der "Berliner Zeitung". Schwarzer fügte hinzu, Schröder-Köpf treffe damit Millionen Frauen. Sie kritisierte, dass Schröder-Köpf damit ein Frauenbild aus dem 19. Jahrhundert propagiere, das weit hinter die praktizierte Frauenpolitik der SPD und auch hinter die der CDU zurückfalle. "Das Mindeste, was ich von einer Kanzlerin Merkel erwarte, ist, dass ich Sprüche wie die der sozialdemokratischen Kanzlergattin nicht mehr hören muss. Und dass die kleinen Mädchen in Deutschland sehen: Frau kann auch Bundeskanzlerin werden", sagte Schwarzer.
Schröder-Köpf plädiere offenbar für eine Republik, in der "die Frauen im trauten Heim die Familie zusammenhalten und die Männer in die Welt hinaus ziehen", legte Schwarzer dann noch einmal in einem dpa-Interview nach. "Was sagt eigentlich ihr Mann, der SPD-Kanzler, wenn seine Frau auf dem Höhepunkt des Wahlkampfes derartige Visionen aus dem 19. Jahrhundert als zukunftsweisend verbreitet?"
Schwarzer weiter: "Wenn die Kanzlergattin trotz qualifizierten Berufs lieber Hausfrau ist, ist das ihre Sache. Niemand würde sich erlauben, sie deswegen persönlich zu kritisieren." Moderne Mütter und Väter wollten aber beides: Beruf und Kinder. "Beim Papst kann die Bayerin im Dirndl vielleicht mit so etwas punkten", fügte Schwarzer hinzu. "Aber Millionen Frauen werden sich über ihr so rückständiges Frauenbild ärgern, auch und gerade die Mütter." Für moderne Mütter seien Kinder wichtig, aber kein "Schicksal" mehr.
Die "Emma"-Herausgeberin fühlte sich zudem an einen Angriff von Schröder-Köpf Anfang 1999 auf sie selbst erinnert. Damals hatte die frisch gebackene Kanzlergattin gesagt, Frauen wie Schwarzer hätten keine Rezepte für Probleme, die die meisten Frauen heute bewegten.
Unterstützung bekam Schröder-Köpf dagegen von der SPD-Schatzmeisterin Inge Wettig-Danielmeier. "Angela Merkel ist nicht die frauenpolitische Hoffnungsträgerin, als die sie sich in diesen Tagen präsentiert oder von anderen - auch solchen, die es besser wissen müssten - erklärt wird", teilte die langjährige Vorsitzende der Arbeitsgemeinschaft sozialdemokratischer Frauen mit.
Wettig-Danielmeier wies darauf hin, dass Merkel als Frauenministerin bei der Auseinandersetzung um den Abtreibungsparagrafen 218 zu den Gegnerinnen der Fristenlösung gehört habe, die Frauen die Möglichkeit zu einem straffreien Schwangerschaftsabbruch nach Beratung in den ersten drei Monaten eröffnen sollte. Zur Frauenförderung im öffentlichen Dienst habe Merkel einen Gesetzentwurf ohne verbindliche Quotenregelung vorgelegt, in der Diskussion zur Reform des Namensrechts, mit der jetzt verheiratete Frauen ihren Geburtsnamen weiterführen können - so wie Merkel nach ihrer Heirat mit Joachim Sauer -, habe Merkel keinerlei Beitrag geleistet.