Auftritt in Köln Türkischer Minister verbittet sich Provokationen gegen Erdogan

Erdogan (r.), Außenminister Davotuglu (2.v.l.,Archiv): Gegendemonstrationen erwartet
Foto: UMIT BEKTAS/ REUTERSAnkara - Er hat noch kein Wort gesagt, doch die Rede von Recep Tayyip Erdogan am Samstag in Köln ist jetzt schon umstritten. Auf 30.000 Anhänger und 30.000 Gegner richten sich die Sicherheitsbehörden ein. Der türkische Außenminister Ahmet Davutoglu hat die Deutschen nun aufgefordert, Provokationen zu verhindern.
Erdogans Auftritt in Deutschland sei "äußerst normal", sagte Davutoglu am Freitag in Ankara. Der türkische Premier habe in der Vergangenheit die Bundesrepublik besucht und werde das auch in Zukunft tun. "Wenn manche provozieren wollen, dann ist das anormal und illegal", sagte Davutoglu. Die Türkei erwarte von ihren "deutschen Freunden", dass dies verhindert werde.
Laut einem türkischen Zeitungsbericht ist die türkische Regierung erbost darüber, dass Gegendemonstrationen zugelassen sind. Es sei "besorgniserregend", dass die deutschen Sicherheitsbehörden während Erdogans Aufenthalt in der Domstadt acht verschiedene und zum Teil gegen den Premier gerichtete Kundgebungen genehmigt hätten. Das berichtete die regierungsnahe türkische Zeitung "Yeni Safak" am Freitag unter Berufung auf Quellen im Ministerpräsidentenamt von Ankara. Es drohe eine "Falle" für Erdogan.
Erdogan will am späten Nachmittag in der Lanxess-Arena in Köln vor Anhängern sprechen. Anlass ist das zehnjährige Gründungsjubiläum der Union Europäisch-Türkischer Demokraten (UETD), die Erdogans Regierungspartei AKP unterstützt.
Die Rede hat große Bedeutung mit Blick auf die türkische Präsidentenwahl im August, weil die rund 1,5 Millionen türkischen Wähler in Deutschland zum ersten Mal in der Bundesrepublik ihre Stimme abgeben dürfen. Der Ministerpräsident gilt als Favorit für die Wahl - obwohl er seine Kandidatur noch nicht offiziell erklärt hat.
Merkel mahnt gemäßigte Töne an
Mehrere deutsche Politiker hatten Erdogans geplanten Auftritt in Köln kritisiert. Bundeskanzlerin Angela Merkel mahnte den konservativen Politiker, gemäßigte Töne anzuschlagen. Sie gehe davon aus, dass er wisse, "wie sensibel dieser Termin gerade diesmal ist, und dass er verantwortungsvoll auftritt".
Erdogan selbst bekräftigte am Freitag, er halte an dem eintägigen Besuch fest. "Wir gehen dorthin", sagte er in einer Rede vor Provinzpolitikern in Ankara. "Ich habe dort drei Millionen Staatsbürger, natürlich gehe ich nach Deutschland."
Die Polizei wird mit Hundertschaften vertreten sein, um Zusammenstöße zu verhindern. "Aber es wird nicht einfach sein", sagte Oberbürgermeister Jürgen Roters (SPD) am Freitag im Südwestrundfunk. Zumindest kommt der Polizei zugute, dass sich die Lanxess-Arena mit den Erdogan-Anhängern auf der rechten Rheinseite befindet, während sich die Gegendemonstranten auf der linken Rheinseite versammeln.
Todesfälle in Istanbul überschatten den Besuch
2008 hatte Erdogan in der Kölner Arena seine Zuhörer aufgerufen, zwar Deutsch zu lernen, sich aber nicht zu stark anzupassen. Die Türkische Gemeinde in Deutschland und viele andere vermuten, dass es Erdogan darum geht, Wählerstimmen zu sammeln.
Dass sich der Premier weniger als zwei Wochen nach dem schweren Grubenunglück von Soma Zeit für einen Deutschland-Trip nimmt, hat ihm Kritik eingebracht. Todesfälle bei Zusammenstößen zwischen Demonstranten und Sicherheitskräften werfen einen zusätzlichen Schatten auf die geplante Rede. In Istanbul gab es einen zweiten Toten. Ein Mann erlag in der Nacht zum Freitag nach Angaben von Provinzgouverneur Hüseyin Avni Mutlu seinen Verletzungen, die er durch eine Splittergranate erlitten hatte.
Die Unruhen im Istanbuler Arbeiterviertel Okmeydani waren ausgebrochen, nachdem ein Passant am Donnerstagabend an Schussverletzungen gestorben war, die er am Morgen am Rande von Protesten erlitten hatte.