ESM und Fiskalpakt im Bundestag SPD- und FDP-Politiker wollten Abstimmung verschieben
Berlin - Nach den EU-Gipfelbeschlüssen zur Bankenrettung bezweifelten einzelne Abgeordnete von SPD, FDP und Linken, dass der Bundestag wie geplant noch am Freitagabend über den dauerhaften Euro-Rettungsschirm ESM abstimmen könne. Der haushaltspolitische Sprecher der SPD-Fraktion, Carsten Schneider, sagte vor einer Sondersitzung des Haushaltsausschusses: "Jetzt ist für uns die Frage offen, ob wir dann heute über den ESM so abstimmen können oder ob das nicht der Fall ist."
Auch die Linken-Haushaltspolitikerin Gesine Lötzsch argumentierte, der Gipfel habe so massive Änderungen gebracht, dass eine Abstimmung noch am Freitag in Frage zu stellen sei. Die Linke-Fraktion stellte am Freitagnachmittag einen Antrag, das Votum zu verschieben - der Bundestag lehnte diesen jedoch unmittelbar vor der Regierungserklärung von Kanzlerin Angela Merkel (CDU) ab.
Doch nicht nur Oppositionspolitiker stellten die Abstimmung am Freitag in Frage, auch aus den Reihen der Regierungskoalition kamen Bedenken. So gibt es etwa in der FDP einige Kritiker der Gipfelbeschlüsse, der Abgeordnete Jürgen Koppelin sprach sich aus diesem Grund klar gegen ein Votum am Freitag aus. Die Nachrichtenagentur AFP erfuhr jedoch aus dem Umfeld der FDP-Fraktion, diese werde nicht auf eine Verschiebung der Abstimmung drängen. Generalsekretär Patrick Döring erklärte ebenfalls, er sehe keinen Grund, an den bisherigen Plänen etwas zu ändern.
Unionsfraktionschef Volker Kauder erklärte vor einer Fraktionssitzung, der Bundestag werde ESM und Fiskalpakt am Abend verabschieden, "und zwar so, wie die beiden Vertragstexte vorliegen". Der Vorsitzende der SPD-Bundestagsfraktion, Frank-Walter Steinmeier sagte, auch er gehe davon aus, dass "trotz der Schwierigkeiten im Laufe des heutigen Abends entschieden wird". Grünen-Fraktionschef Jürgen Trittin sagte ebenfalls, die Abstimmung solle trotz der in Brüssel getroffenen Beschlüsse erfolgen. Die Parlamentarischen Geschäftsführer der Bundestagsfraktionen hätten vereinbart, das Thema auf der Tagesordnung zu belassen.
Kanzlerin zweifelt nicht an Abstimmung am Freitag
Der FDP-Politiker Jürgen Koppelin hatte seine Bedenken mit den Beschlüssen des Brüsseler Gipfels begründet. "Die Haltung der FDP war bisher, dass die Kriterien nicht aufgeweicht werden dürfen", sagte Koppelin. Kanzlerin Merkel habe dies nicht eingehalten. "Dazu werden Koalitionsgespräche notwendig sein." Koppelin sagte weiter: "Ich würde dringend raten, jetzt keine Abstimmung vorzunehmen, sondern in der kommenden Woche."
Am Freitagabend will der Bundestag nach bisherigen Planungen über den ESM abstimmen. Am Freitagmittag gab es auf Antrag der SPD eine Sondersitzung des Haushaltsausschusses, um sich über die Ergebnisse des EU-Treffensund deren Konsequenzen von der Bundesregierung informieren zu lassen. Dort hielten Union und FDP an dem Termin fest. Es gebe keine Veranlassung, von der Beschlussfassung am Abend abzuweichen, sagte CDU-Haushaltspolitiker Norbert Barthle. Ähnlich äußerte sich auch FDP-Haushaltspolitiker Otto Fricke. Auch Bundestagspräsident Norbert Lammert habe in der Sitzung deutlich gemacht, dass er keine Bedenken habe, hieß es von Teilnehmern.
Die Kanzlerin gab sich bereits am Freitagmittag in Brüssel sicher, dass die Abstimmungen am Abend wie erwartet stattfinden werden. "Ich fahre jetzt nach Berlin - genau zu diesem Zweck", antwortete sie auf einer Pressekonferenz auf eine entsprechende Frage. Die überraschend vereinbarte direkte Finanzhilfe aus dem Euro-Rettungsschirm ESM an marode Banken betroffener Staaten sei mit den Entwürfen für den Bundestag zu 100 Prozent gedeckt. Sie versicherte erneut, dass jede Veränderung im ESM vom Bundestag abgesegnet werden muss.