Migranten aus Griechenland "Koalition der Willigen" will Minderjährige aufnehmen

Flüchtlings- und Migrantenlager auf Lesbos
Foto: Elias Marcou/ REUTERSSeit Jahren können sich die EU-Staaten nicht auf ein gemeinsames Vorgehen in der Asylpolitik und bei der Verteilung von Flüchtlingen und Migranten einigen. Jetzt geht eine "Koalition der Willigen" voran, um die teils katastrophale Lage der Menschen in den Lagern auf den griechischen Inseln zu lindern.
Bereits am Donnerstag hatte EU-Innenkommissarin Ylva Johansson bei einem Besuch in Athen erklärt, dass sieben EU-Staaten bereit seien, 1600 unbegleitete Minderjährige sofort aus den Lagern aufzunehmen.
Beim Treffen der EU-Innenminister am Freitag in Brüssel hätten weitere Länder signalisiert, dass sie zur Aufnahme von Kindern bereit seien oder zumindest darüber nachdächten, sagte Johansson. "Deshalb werden es mindestens 1600 sein."
Außerdem werde man ein Programm zur freiwilligen Rückkehr von Migranten aus den Insel-Lagern starten. 5000 Personen, so die Hoffnung, sollen gegen eine Geldzahlung in ihre Heimatländer zurückkehren.
Zur Aufnahme der Minderjährigen sind neben Deutschland auch Frankreich, Irland, Finnland, Portugal, Luxemburg und Kroatien bereit.
Die Bundesregierung will in erster Linie kranke Kinder und ihre Familien aufnehmen.
Danach sollen unbegleitete Minderjährige, vor allem Mädchen unter 14 Jahren, berücksichtigt werden.
Mittlerweile hätten auch Bulgarien und Litauen Bereitschaft zur Aufnahme von Minderjährigen gezeigt, sagten EU-Diplomaten am Freitag. Die Schweiz, obwohl kein EU-Mitglied, hatte zuletzt ebenfalls signalisiert, Kinder und Jugendliche aufzunehmen.
Ein großer Teil – zusammen rund 700 – soll nach Deutschland und Frankreich kommen, heißt es in Brüssel. Die genaue Verteilung ist allerdings noch nicht abschließend geklärt.
"Weiteres Warten wäre sinnlos"
Die noch laufenden Diskussionen sollen ein Grund dafür sein, dass die Umverteilung am Freitag noch nicht endgültig beschlossen wurde. Während einige Länder – etwa Deutschland und Luxemburg – dem Vernehmen nach sofort zur Aufnahme bereit wären, haben andere Länder auch noch Zeitbedarf angemeldet.
Dennoch zeigte Johansson sich hoffnungsvoll, dass die Umsiedlung schon nächste Woche beginnen könnte. "Weiteres Warten wäre sinnlos", sagte die Schwedin.
Dass nun mindestens 1600 Kinder und Jugendliche in die EU aufgenommen werden, sei "eine starke Botschaft der Solidarität" mit Griechenland", so Johansson.
Allerdings ist die Zahl im Vergleich zu den üblichen Migrations- und Flüchtlingszahlen winzig - auch wenn als sicher gilt, dass bei vielen der 1600 Minderjährigen die Kernfamilien ebenfalls in die EU kommen dürfen. Allein in Deutschland kommen nach wie vor im Schnitt rund 400 Asylbewerber pro Tag an. Mehr als 12.000 waren es im Januar, wie aus den jüngsten Statistiken des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge hervorgeht.
Aktuell leben nach Angaben des griechischen Bürgerschutzministeriums mehr als 42.500 Migranten auf Lesbos, Samos, Kos, Leros und Chios. Dabei bieten die Lager eigentlich nur Platz für rund 6000 Menschen.
Die EU-Kommission schätzt, dass sich insgesamt rund 5500 unbegleitete Minderjährige in ganz Griechenland befinden, was allerdings auch die Lager auf dem Festland umfasst. Wie viele auf den Inseln leben, ist unsicher. Die Bundesregierung geht von rund 2000 aus.
Die Aufnahme einiger Hundert Minderjähriger löst das eigentliche Problem der EU keineswegs: Eine Einigung auf eine gemeinsame Asyl- und Migrationspolitik liegt nach wie vor in weiter Ferne, und noch immer weigern sich einige Staaten vor allem im Osten der EU kategorisch, Migranten oder Flüchtlinge aufzunehmen - egal, wie alt sie sind.