Korruption und Lobbyismus Europarat beklagt fehlende Transparenz auf höchster Regierungsebene in Deutschland

Deutschland bekämpft Korruption nicht deutlich genug – Spitzenpolitiker sollen deswegen offenlegen, worüber sie mit Lobbyisten reden. Das fordert ein Expertengremium des Europarats.
Blick auf den Plenumssaal im Bundesag: Zu wenig Transparenz

Blick auf den Plenumssaal im Bundesag: Zu wenig Transparenz

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Christoph Soeder / DPA

Laut einem Bericht eines Expertengremiums des Europarats tut Deutschland zu wenig, um Korruption in den obersten Regierungskreisen zu bekämpfen. Unter anderem mangele es demnach an Transparenz darüber, wie viel Einfluss Lobbyisten auf die Agenda der Bundesregierung haben. Es solle in diesem Zusammenhang etwa offengelegt werden, mit wem Spitzenpolitiker über welche Themen gesprochen haben.

Das Expertengremium empfiehlt zudem, dass es für Bundesminister und parlamentarische Staatssekretäre klare Regeln geben sollte, um Konflikte zwischen ihren privaten Interessen und ihrem Amt unverzüglich offenzulegen. Zusätzlich wollen die Experten eine Pflicht für diese Politiker sehen, Auskunft über deren finanzielle Beteiligungen zu geben.

Scharfe Kritik am Zugang zu behördlichen Dokumenten für die Öffentlichkeit

Um Korruption vorzubeugen, schlägt die Europarats-Gruppe auch einen Verhaltenskodex für Menschen in hohen politischen Ämtern vor. Darin soll etwa ein integrer Umgang mit Geschenken und Lobbyisten geregelt sein. Für die Umsetzung des Kodexes solle es einen Kontrollmechanismus geben.

Scharfe Kritik äußerte das Gremium an den Regeln zum Zugang der Öffentlichkeit zu behördlichen Dokumenten. Die zahlreichen Gründe, einen entsprechenden Antrag abzulehnen, und deren extensive Nutzung seien problematisch. Man sei auch über die Kosten von bis zu 500 Euro besorgt, die mit einem Antrag anfielen. In einigen Fällen könne das abschreckend wirken und den Zweck des Gesetzes unterwandern. Die Experten fordern eine unabhängige Analyse der Regelung.

Bei Bundespolizei und BKA sieht Gremium ebenfalls Verbesserungsbedarf

Auch mit Blick auf die Bundespolizei und das Bundeskriminalamt sieht das Gremium Luft nach oben. Zwar loben die Experten die Institutionen für ihre klaren Regeln etwa zu Geschenken und Nebentätigkeiten, doch sollte beispielsweise der Schutz von Whistleblowern über die Geheimhaltung der Identität hinausgehen und die Überprüfung neuer Mitarbeiter gestärkt werden.

Der Europarat mit Sitz im französischen Straßburg ist für den Schutz der Menschenrechte zuständig. Er ist kein Organ der Europäischen Union. Die Staatengruppe gegen Korruption wurde 1999 gegründet und zählt insgesamt 50 Mitgliedstaaten, deren Engagement im Kampf gegen Korruption sie in regelmäßigen Abständen beurteilen. Im vergangenen Jahr hatten die Experten Deutschland gerügt, da ihrer Ansicht nach die Empfehlungen des letzten Berichts von 2015 etwa zum Umgang des Parlaments mit Lobbyisten nur ungenügend berücksichtigt worden seien

höh/dpa
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