Schlangen vor Wahllokalen Auslandsrumänen warten voller Wut

Tausende Rumänen harren vor Konsulaten und Botschaften aus - nicht nur wegen der Europawahl, sondern auch, um über eine Justizreform in ihrem Herkunftsland abstimmen zu dürfen. Das dürfte knapp werden.
Auslandsrumänen stehen vor der rumänischen Botschaft in Berlin an, um wählen zu gehen.

Auslandsrumänen stehen vor der rumänischen Botschaft in Berlin an, um wählen zu gehen.

Foto: Sean Gallup/ Getty Images

Bei der Europawahl haben rumänische Staatsbürger in verschiedenen Teilen Deutschlands und in anderen EU-Ländern lange vor den Vertretungen ihres Heimatlandes anstehen müssen. Vor dem Generalkonsulat in München bildeten sich am Sonntag lange Schlangen. Am Nachmittag standen Tausende Menschen an, um wählen zu gehen.

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Neben der Wahl des EU-Parlaments können die Rumänen noch einen weiteren Stimmzettel ausfüllen. Es geht dabei um eine Volksabstimmung über eine sehr umstrittene Justizreform. Dabei sollen bestimmte Korruptionsdelikte im Nachhinein legalisiert werden. Politiker, die der Korruption überführt wurden, sollen demnach Aussicht auf geringere Strafen erhalten.

Auslandrumänen stehen an in Nizza, Frankreich

Auslandrumänen stehen an in Nizza, Frankreich

Foto: Eric Gaillard/ REUTERS

Das Referendum hat zwar keinen rechtsverbindlichen Charakter, könnte aber je nach Ausgang den politischen Druck auf die Regierung erhöhen und die geplante Justizreform doch noch stoppen. Die Abstimmung gilt damit als Indikator für den Grad der Zustimmung für Staatspräsident Klaus Iohannis, der das Referendum initiiert hat.

EU-Kommissionsvize Frans Timmermanns hatte der Regierung in Bukarest mit einem EU-Rechtsstaatsverfahren gedroht, falls das Gesetz tatsächlich in Kraft treten sollte. Dabei können einem EU-Staat die Stimmrechte entzogen werden. In Ungarn und Polen laufen solche Verfahren bereits. Iohannis teilt die Kritik der EU an der Justizpolitik der Regierung.

Wähler fürchten um Stimmabgabe

Einige Wähler in München hatten Sorge, ihre Stimme nicht mehr abgeben zu können. Das Wahllokal im Rumänienhaus habe bis 21.00 Uhr geöffnet, sagten die Anstehenden. Sie kritisierten, es gehe in dem Gebäude viel zu langsam voran, und es gebe zu wenige Wahlurnen. Zudem mangele es an Informationen für die Wartenden vor der Tür.

"Es ist hier eine Katastrophe", sagte eine Rumänin. Sie habe Glück gehabt, weil sie ein Kind dabei hatte und deswegen schneller an die Reihe gekommen sei. Ähnliches berichteten Nutzer auf Twitter auch aus anderen deutschen Städten wie Düsseldorf, Köln, Berlin oder Hamburg sowie aus London und Nizza.

Vorkommnisse bei der Europawahl "sind kein Fehler mehr"

Gunther Krichbaum (CDU), Vorsitzender des Ausschusses für Europa-Angelegenheiten im Bundestag, warf der rumänischen Regierung systematisches Handeln vor. Es gebe viel zu wenig Wahlkabinen in den rumänischen Auslands-Wahllokalen. "Man setzt hier bewusst einen Flaschenhals an", sagte Krichbaum dem SPIEGEL.

Schon bei der letzten Präsidentenwahl habe es ähnliche Zustände gegeben. "Wäre das ein Fehler gewesen, hätte man aus ihm lernen können", so Krichbaum. Doch schon damals habe die sozialdemokratische PSD offenbar versucht, den Konservativen Klaus Iohannis zu schwächen, der dann trotzdem gewonnen hatte. Die Vorkommnisse bei der Europawahl "sind kein Fehler mehr", sagte Krichbaum, "das ist Vorsatz. Die Menschen werden um ihr Wahlrecht betrogen".

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"Auslandsrumänen wird Wahlrecht verweigert", twitterte der ARD-Journalist Georg Restle. Die Menschen hätten kaum noch Zeit, um wählen zu gehen. Grund sei ein Mangel an Personal überall in Europa. Die rumänische Regierungspartei PSD wolle nicht, dass die Auslandsrumänen gegen sie stimmten.

Wahlbeteiligung in Rumänien auf Rekordhoch

In Rumänien selbst zeichnet sich eine Rekordbeteiligung ab. Zwei Stunden vor Schließung der Wahllokale hatten rund 43 Prozent der rund 18 Millionen Wahlberechtigten ihre Stimme abgegeben. Das waren fast doppelt so viele wie bei der Europawahl vor fünf Jahren, wie das zentrale Wahlbüro in Bukarest mitteilte.

Eine hohe Wählermobilisierung gilt in Rumänien als Zeichen für einen Aufwind der Opposition und damit als Dämpfer für die Parteien der sozialliberalen Regierungskoalition und vor allem für den vorbestraften Parteichef der Sozialdemokraten (PSD), Liviu Dragnea. Es wird erwartet, dass seine Partei ihn stürzt, wenn sie schlecht abschneidet.

Zugleich erreichte das parallel laufende Referendum zum Thema Korruption mit rund 36 Prozent die notwendige Beteiligung.

mfh/mbe/dpa
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