Neue Wehrbeauftragte Eva Högl Aufklärerin mit Stolperstart

Nach SPD-internen Querelen hat der Bundestag Eva Högl zur Wehrbeauftragten gewählt. Sie hat sich den Ruf einer hartnäckigen Aufklärerin erarbeitet - manche Problemzonen der Truppe kennt sie schon.
Eva Högl: Bislang keine Erfahrung mit Verteidigungspolitik

Eva Högl: Bislang keine Erfahrung mit Verteidigungspolitik

Foto: Michael Kappeler/ DPA

Einer wollte den Posten gern behalten, der Zweite hätte ihn gern gehabt, die Dritte war die Wunschkandidatin ihrer Fraktionsspitze: Nun ist das SPD-interne Geschacher um den Wehrbeauftragten-Posten entschieden. Der Bundestag hat die SPD-Innenpolitikerin Eva Högl in das Amt gewählt; der bisherige Amtsinhaber Hans-Peter Bartels ist abserviert; Johannes Kahrs, der den Posten gerne bekleidet hätte, hat sich angesichts der Aussichtslosigkeit seines Unterfangens aus der Politik zurückgezogen.

Damit ist die Personalie geklärt, doch die Querelen dürften noch nachwirken. Kahrs ließ Frust über SPD-Fraktionschef Rolf Mützenich erkennen. Bartels ist über die Art und Weise seines Abgangs nicht erfreut (mehr dazu lesen Sie hier). Und Högl hat nun nicht gerade ideale Startbedingungen.

Ruf als resolute Aufklärerin

Doch trotz dieser Vorgeschichte ist Högl alles andere als zweite Wahl für den Posten der Wehrbeauftragten. Sie ist nach eigenem Bekunden zwar keine Verteidigungspolitikerin, gilt nicht als Kennerin der Bundeswehr. Aber über die Regierungsfraktionen hinweg hat die gelernte Juristin, seit 2009 für den Wahlkreis Berlin-Mitte im Bundestag, den Ruf einer resoluten Aufklärerin. Den Innenbehörden schaute sie in den letzten Jahren kritisch auf die Finger, sie gilt als unnachgiebig, nicht als Taktiererin.

Im Untersuchungsausschuss des Bundestags, wo es um die Versäumnisse von Polizei und Verfassungsschutz bei der Aufklärung der fremdenfeindlichen Mordserie des "Nationalsozialistischen Untergrundes" (NSU) ging, arbeitete Högl sich nächtelang in die Tausenden Seiten Akten über den Fall ein. Mit ihrem Team fand sie in dem Konvolut viele geheime Dokumente, die das Wegschauen der Behörden dokumentierten und befragte deren Chefs im Ausschuss wie in einem Gerichtsverfahren.

In ihrem neuen Amt will Högl nun die Truppe schnell kennenlernen. Bei ersten Auftritten vor Sicherheitspolitikern kündigte sie an, gleich verschiedene Einheiten besuchen zu wollen. Ihre letzte Visite bei der Bundeswehr, das räumte sie offen ein, sei schon eine Weile her. Trotzdem wolle sie eine faire Anwältin der Soldaten werden, als Ombudsfrau für deren Sorge und Nöte immer ein offenes Ohr haben.

Auf ihrem neuen Posten hat Högl weitreichende Ermittlungsmöglichkeiten. Sie kann nach Eingaben von Soldaten Akten bei der Bundeswehr anfordern und Befragungen durchführen. So mancher im Verteidigungsministerium wird bei der Vorstellung, dass die resolute Ermittlerin im NSU-Ausschuss nun im Ressort von Ministerin Annegret Kramp-Karrenbauer ähnlich vorgeht, schon etwas nervös.

Einblicke in Problemzonen der Bundeswehr

Die neue Wehrbeauftragte dürfte schnell mit den Problemzonen der Bundeswehr in Berührung kommen. Jeden Tag gehen in dem Büro im Berliner Regierungsviertel Dutzende Eingaben ein. Abseits von persönlichen Problemen schildern die Soldaten darin oft Missstände, die von Vorgesetzten unter den Teppich gekehrt werden. In den vergangenen Monaten gehörten dazu immer wieder auch rechtsextreme Vorfälle in der Bundeswehr.

Über die Umtriebe in der Truppe weiß Högl schon einiges. Als Mitglied im Kontrollgremium für die Geheimdienste bekam sie in den vergangenen Monaten Einblicke in eine interne Untersuchung, die klären soll, ob der Militärgeheimdienst MAD und die Vorgesetzten zu lax mit Meldungen über rechtsextreme Soldaten umgegangen sind. Vor den Fraktionen kündigte Högl an, jeder Einzelfall müsse geprüft werden. Gleichzeitig aber dürfe es keinen Generalverdacht gegen die ganze Bundeswehr geben.

Diplomatisches Geschick

Ein weiteres zentrales Thema für Högl wird die marode Ausrüstung der Bundeswehr. Anders als die Führung im Ministerium hört sie als Wehrbeauftragte regelmäßig von den alltäglichen Problemen der Truppe und erfährt, wie zum Beispiel einzelne Einheiten sich ihre Ausrüstung aus dem ganzen Land zusammensuchen müssen, bevor sie zu Nato-Übungen ausrücken. Schon ihr Vorgänger hatte dieses Problem hart thematisiert, Besserung ist aber nicht in Sicht.

Entscheidend für ihre Akzeptanz in der Truppe wird sein, wie Högl sich als unabhängige Verfechterin der Interessen von Soldatinnen und Soldaten bewährt. Bei einer der heikelsten Fragen der Sicherheitspolitik bewies sie dabei schon vor Amtsantritt diplomatisches Geschick. So wurde Högl von der Unionsfraktion gelöchert, wie sie zu bewaffneten Drohnen für die Bundeswehr stehe. In ihrer Fraktion lehnen viele die Beschaffung solcher Waffensysteme strikt ab.

Högl aber gab sich offener: Für sie sei nicht die Parteilinie vorrangig, sagte sie vor den Abgeordneten, sondern wie man den besten Schutz für die Soldaten erreiche.

Die Wiedergabe wurde unterbrochen.
Merkliste
Speichern Sie Ihre Lieblingsartikel in der persönlichen Merkliste, um sie später zu lesen und einfach wiederzufinden.
Jetzt anmelden
Sie haben noch kein SPIEGEL-Konto? Jetzt registrieren