Evangelische Kirche über Adolf Eichmann "Grundanständige Gesinnung"

Adolf Eichmann: Der Holocaust-Organisator in seiner SS-Uniform
Foto: APHamburg - Das Schreiben ist rund 50 Jahre alt, doch es wirft kein gutes Licht auf die Evangelische Kirche in Deutschland (EKD). Nach SPIEGEL-Informationen hat sich der Rat der EKD 1960 bei der Bundesregierung unter Konrad Adenauer für den Holocaust-Organisator Adolf Eichmann eingesetzt. Das geht aus Akten im Politischen Archiv des Auswärtigen Amtes hervor.
Darin findet sich ein Schreiben des Linzer Superintendenten Wilhelm Mensing-Braun an das kirchliche Außenamt in Frankfurt am Main. Der Superintendent bescheinigte dem im österreichischen Linz aufgewachsenen Massenmörder Eichmann eine "grundanständige Gesinnung" , ein "gütiges Herz" und "große Hilfsbereitschaft".
Mensing-Braun schreibt, er könne sich "nicht vorstellen", dass der ehemalige SS-Obersturmbannführer Eichmann "je zu Grausamkeit oder verbrecherischen Handlungen fähig gewesen wäre".
Die EKD hielt das Pro-Eichmann-Votum für "mindestens interessant"
Eichmann war kurz zuvor aus Argentinien nach Israel entführt worden. Seine Geschwister wollten erreichen, dass ein internationaler Gerichtshof und nicht ein israelisches Gericht den Fall verhandele. Sie hatten daher Mensing-Braun um Hilfe gebeten.
Tatsächlich leitete Bischof Hermann Kunst, Vertreter der EKD bei der Bundesregierung, das Schreiben Mensing-Brauns an das Auswärtige Amt weiter - mit dem Hinweis, das Votum sei "mindestens interessant".
Damit hat sich nicht nur der österreichische Superintendent Mensing-Braun für Eichmann eingesetzt, sondern auch ein offizieller Vertreter der Evangelischen Kirche in Deutschland.
Schlussendlich war der Vorstoß jedoch erfolglos: Eichmann wurde 1962 in Jerusalem verurteilt und hingerichtet.