NSA-Spionage Ex-Geheimdienstchef gibt EU und Deutschland Mitschuld an Ausspähung

Ex-Geheimdienstkoordinator Schmidbauer (Archivbild von 2004): Nachlässigkeiten bei Spionageabwehr
Foto: A3361 Stephanie Pilick/ dpa/dpawebBerlin/Frankfurt - Der ehemalige Geheimdienstkoordinator der Bundesregierung, Bernd Schmidbauer (CDU), hat in der Spähaffäre um den US-Geheimdienst NSA auch die deutschen und europäischen Verantwortlichen kritisiert. "Wer zulässt, dass seine Büros verwanzt werden, der lebt in der Steinzeit", sagte Schmidbauer dem Sender "hr-Info".
Es gebe "auf diesem Sektor keine Freunde". Dennoch sei "die Sorglosigkeit großgeschrieben" worden. Wenn Kommunikationssysteme nicht mehr gesichert würden, sei das "eine Nachlässigkeit".
Das Ausmaß der US-Spionage in Deutschland habe ihn nicht überrascht, fügte Schmidbauer hinzu. "Ich habe in der Vergangenheit beobachten können, mit welcher Kaltschnäuzigkeit hier miteinander umgegangen wird." Schon zu seiner Zeit im Amt habe es Spionage der USA gegen Deutschland gegeben. "Aber es gab eben auch eine Abwehr."
Schmidbauer, der in den 1990er Jahren Geheimdienstkoordinator im Kanzleramt war, vermutet als Hintergrund der US-Geheimdienstaktivitäten "Wirtschaftsspionage im großen Stil". "Wozu soll die Spionage sonst dienen? Die Sicherheit zwischen den USA und uns ist nicht gefährdet."
Auch der Bundesverband der Deutschen Industrie äußerte sich besorgt über die Spähaffäre. "Die aktuellen Medienberichte über das Ausmaß der Überwachung und Speicherung von Daten durch die NSA sind auch aus Sicht der deutschen Industrie beunruhigend", erklärte der BDI am Montag.
Der SPIEGEL hatte berichtet, dass die US-Amerikaner offenbar gezielt EU-Vertretungen überwachen. Gebäude in Washington, New York und Brüssel seien mit Wanzen oder über das Computernetzwerk ausgespäht worden. Zudem werden laut SPIEGEL in Deutschland monatlich rund eine halbe Milliarde Telefonate, E-Mails oder SMS überwacht - systematisch wird ein Großteil der Telefon- und Internetverbindungsdaten kontrolliert und gespeichert.