Exil in Chile Margot Honecker hat offenbar Heimweh

Margot Honecker (Archivbild von 2010): Sehnsucht nach Wäldern und Pilzen
Foto: DPABerlin - Seit 20 Jahren lebt Margot Honecker, Witwe des früheren DDR-Staats- und SED-Parteichefs Erich, in Chile - weit entfernt von ihrer ehemaligen Heimat. Doch es scheint, dass sie sich nach eben dieser sehnt. Der Berliner Autor Frank Schumann traf die 84-Jährige in Chile und weiß zu berichten: "Sie lebt mit dem Kopf in Deutschland".
Am meisten vermisse sie die Wälder und die Pilze, sagte Schumann dem "Berliner Kurier". Zudem beschreibt der Autor sie als "sehr selbstbewusst", "tough", "sportiv" und "intellektuell voll wach". Über Deutschland informiere sie sich über das Internet, in dem sie täglich fünf bis sechs Stunden surfe.
Im Herbst 2011 hatte Margot Honecker dem Autor das Gefängnistagebuch ihres Mannes mit rund 400 Blatt ausgehändigt. Die jüngsten Aussagen von Schumann kommen zeitlich nicht ungelegen: Auszüge aus Erich Honeckers Tagebuch druckt die Zeitung ab Dienstag, am 16. Februar erscheint das Buch "Letzte Aufzeichnungen - Für Margot".
Schumann hatte bereits 1994 "Moabiter Notizen" von Honecker als 250-seitiges Buch herausgegeben. Darin hatte Honecker unter anderem politische Entwicklungen kommentiert. Die jetzt erscheinenden Notizen sind nach Auskunft des Verlages persönlicher gehalten. Am 25. August wäre Erich Honecker 100 Jahre alt geworden.
Er musste sich 1992 unter anderem wegen Totschlags im Zusammenhang mit dem Schießbefehl an der deutsch-deutschen Grenze vor Gericht verantworten. Er saß in Berlin-Moabit in Untersuchungshaft. Nach 169 Tagen wurde er schwer krebskrank entlassen, das Verfahren eingestellt. Er flog umgehend zu seiner Frau nach Chile, wo der 81-Jährige im Mai 1994 seinem Krebsleiden erlag.
Wie der SPIEGEL Anfang Januar unter Bezug auf BND-Erkenntnisse berichtete, soll die Ehe der Honeckers zerrüttet gewesen und nur aus Gründen der Partei- und Staatsräson aufrechterhalten worden sein.
Margot Honecker war mehr als Vierteljahrhundert lang - von 1963 bis zum Herbst 1989 - DDR-Volksbildungsministerin. Sie galt als dogmatisch und manchen Beobachtern auch als heimliche Machthaberin im Arbeiter- und Bauernstaat. Seit 1992 lebt sie im chilenischen Exil. Anfang des vergangenen Jahres war bekannt geworden, dass sie während ihrer täglichen Internet-Runden morgens SPIEGEL ONLINE liest. Das war Grund genug für einen persönlichen Morgengruß.