"Katzen statt Glatzen" NPD-Gegner kapern Facebook-Seite der Rechtsextremen

Slogan der Internetaktion gegen die NPD (Screenshot): "Bunt statt braun"
Foto: screenshot likeattack.deHamburg - Der eine schreibt: "Flower-Power statt White Power", der andere: "Campuskätzchen statt Nazimätzchen". Ein dritter: "Kein Mensch ist illegal - Verstand statt Vaterland". Posts wie diese verbreiten sich gerade zu Dutzenden in den Kommentarspalten bei Facebook - auf dem offiziellen Auftritt der NPD.
Die User überfluten die Seite der Rechtsextremen seit mehr als 24 Stunden mit antirassistischen Einträgen. Hunderte sind der Aufforderung der Aktion "Likeattack" gefolgt und stören mit Bildern und antirassistischen Sprüchen das Facebook-Angebot der NPD erheblich. Im Minutentakt tauchen neue Sprüche auf.
In einem YouTube-Video hatte die Hamburger Organisation "Laut gegen Nazis" die Internet-User aufgefordert, mit plakativen Slogans wie "Katzen statt Glatzen" und Regenbogensymbolen den Auftritt der Rechtsextremen lahmzulegen. Das Ziel: die "Facebook-Seite der NPD bunt statt braun" zu machen - "zu überfremden", wie die Organisation mitteilte.
Bei der Aktion wird nicht nur auf Argumente gegen Fremdenhass und Hetzparolen der NPD gesetzt: Plakative Sprüche und bunte Bilder werden auf Facebook besonders oft geteilt. Das sei auch das Erfolgsrezept der Aktion, glaubt der Initiator Jörn Menge, der sich seit Jahren gegen Rechtsextremismus engagiert. Er hatte Hakenkreuze und Reichsadler, die in bunte Farben getunkt sind, vorbereiten lassen.
Begonnen hatte die Likeattack-Aktion bereits am Montag, am Tag des Gedenkens der Opfer des Nationalsozialismus. Wie viele Menschen sich bisher an der Aktion beteiligten, kann nur geschätzt werden: Denn die NPD war zunächst stundenlang damit beschäftigt, das Posten der farbenfrohen Bilder zu unterbinden. Fotos können nun nicht mehr veröffentlicht werden, die rechtsextreme Partei hat die Funktion blockiert.

Screenshot der Kommentare auf der Facebook-Seite der NPD
Doch Texte und Links können nach wie vor gepostet werden, schließlich will die NPD ihre eigenen Anhänger nicht verprellen. Im Wesentlichen wird der Facebook-Auftritt von einem Funktionär betreut. Vielleicht wurde auch deswegen das Impressum bisher noch nicht auf den aktuellen Stand gebracht: Bis Mittwochmittag wurde noch Holger Apfel als Parteivorsitzender genannt, obwohl er schon Ende Dezember nach einer Affäre aus der Partei ausgetreten war.
Das Löschen der Kommentare hält die Rechtsextremisten nun ganz schön auf Trab, auch wenn sich NPD-Sprecher Frank Franz auf Anfrage betont gelassen gibt: "Die Aktion lässt uns relativ kalt, das ist nicht so heftig." Ganz so ist es nicht, die Rechtsextremen kommen kaum hinterher: Bis zu zehn Stunden lang standen die Anti-NPD-Posts auf der Seite.
Parolen und Stimmungsmache
Dass damit das eigentliche Ziel der Aktion erreicht ist, macht Menge nach eigenen Angaben zufrieden. "Die NPD macht uns seit Jahren mürbe, jetzt wollen wir sie mal ärgern. Unser Ziel ist es zu sensibilisieren, wie sich die NPD im Internet herumtreibt", sagt er.
Für die NPD sind Facebook, Twitter und YouTube seit Jahren wichtige Plattformen, um ungefiltert ihre Parolen zu verbreiten oder ihre Kundgebungen anzukündigen. "Rein ins Netz!" forderte die Parteizeitung "Deutsche Stimme" bereits im Oktober 2011. Und weiter: "Der Weltnetz-Aktivismus kann nicht hoch genug eingeschätzt werden." Die Rechtsextremen nutzen das Internet vor allem, um Jugendliche zu werben und Anhänger zu mobilisieren. Eine Entwicklung, vor der Verfassungsschutzbehörden warnen, zumal NPD-Funktionäre auch in sogenannten Initiativen auf Facebook Stimmung gegen Asylbewerberheime und Flüchtlinge machen. "Schneeberg wehrt sich" ist nur ein Beispiel. Die NPD taucht offiziell nicht mit ihrem Logo auf der Seite der Gruppe auf.
"Nerv nerv nerv"
Dass mit der Aktion die rechtsextreme Partei nicht eingeschüchtert wird, ist Menge klar. Dennoch: "Wir wollen den Protest der Straße ins Internet holen. Wenn viele mitmachen, haben wir eine Chance, dass sich was bewegt."
Verärgert sind die echten NPD-Facebook-Fans auf jeden Fall - zumal sie nicht mehr unter sich sind. "Da sind sie ja wieder die linksradikalen", mosert einer. Ein zweiter schreibt: "Nerv nerv nerv".
Angst, die NPD könne sich an ihm oder seiner Organisation rächen, habe er nicht, sagt Menge. "Je mehr Öffentlichkeit wir bekommen, desto weniger hat die NPD Raum zu agieren. Wir lassen uns nicht einschüchtern." Doch wichtig ist für "Laut gegen Nazis" am Ende nur eines: Dass die Facebook-Benutzer nicht vergessen, ihr "Like" auf der Seite wieder zu entfernen, sagt Menge. "Sonst bekommen die ja unfreiwillig noch mehr Fans. Das wollen wir nicht."