Nach jüngsten Facebook-Enthüllungen Lambrecht verlangt stärkere Regulierung sozialer Netzwerke

Facebook steht wegen der Aussagen einer Ex-Mitarbeiterin unter Druck. Justizministerin Lambrecht will sozialen Netzwerken nun Zügel anlegen und diese »stramm anziehen«. Auch in der EU gibt es Pläne für strengere Regeln.
Justizministerin Christine Lambrecht

Justizministerin Christine Lambrecht

Foto: Clemens Bilan / EPA-EFE

Facebook gehe es mehr um Profite als um Menschen – so die Kernaussage der Whistleblowerin Frances Haugen. Mit ihren Enthüllungen hat die frühere Facebook-Managerin die Diskussionen über soziale Medien neu befeuert. Angesichts der Vorwürfe zu den Geschäftspraktiken bei Facebook will Bundesjustizministerin Christine Lambrecht (SPD) sozialen Netzwerken nun strengere Regeln auferlegen.

»Die jüngsten Enthüllungen um Facebook belegen, wie dringend wir in Europa eine starke und wirkungsvolle Regulierung sozialer Netzwerke brauchen«, sagte die SPD-Politikerin dem »Redaktionsnetzwerk Deutschland« (RND). »In einem geeinten Europa betrifft es uns alle, wenn soziale Netzwerke mit ihren Algorithmen Hass und Hetze verstärken sowie politische und gesellschaftliche Fehlentwicklungen fördern.«

Appelle an Verantwortungsbewusstsein und Selbstregulierung reichten nicht aus und Profitinteressen würden im Zweifel über gesellschaftliche Verantwortung gestellt, sagte Lambrecht. Dies sei angesichts der Marktmacht und der gesellschaftlichen Relevanz der großen Techkonzerne nicht hinnehmbar. Es sei »deshalb wichtig, Facebook & Co. Zügel anzulegen und diese stramm anzuziehen«.

»Die jüngsten Enthüllungen um Facebook belegen, wie dringend wir in Europa eine starke und wirkungsvolle Regulierung sozialer Netzwerke brauchen«

Die ehemalige Facebook-Managerin und Whistleblowerin Haugen  hatte bei einer Anhörung im US-Senat die Politik aufgerufen, das Onlinenetzwerk zu mehr Transparenz zu zwingen. Nur der Konzern wisse, wie er den Newsfeed der Nutzer personalisiere. Die 37-Jährige war rund zwei Jahre für Facebook und zuvor bei Google sowie der Fotoplattform Pinterest tätig. Für besondere Empörung sorgte in den USA ihr Vorwurf, Facebook habe aus internen Studien gewusst, dass Instagram der psychischen Gesundheit einiger Teenager schade – aber keine Maßnahmen dagegen ergriffen.

Brüssel berät über Vorschläge zur Regulierung

Auch in Brüssel finden die Vorwürfe Gehör. EU-Binnenmarktkommissar Thierry Breton sieht sich durch die Aussagen von Haugen bestärkt in seinen Plänen, Facebook stärker regulieren zu wollen. Nach Haugens Enthüllungen sei es »wirklich dringend«, das Vorhaben in Gesetze zu gießen und es »nicht abzuschwächen«, sagte Breton am Mittwoch in Brüssel.

Sehen Sie im Video: Whistleblowerin Frances Haugen zu Facebook

DER SPIEGEL

Breton hatte im Dezember zwei Entwürfe vorgelegt, die missbräuchliche Praktiken von Onlinenetzwerken verhindern sollen. Das Europaparlament und der Rat der 27 EU-Mitgliedstaaten beraten derzeit über die Vorlagen.

Breton ließ sich in einem Gespräch mit der früheren Facebook-Mitarbeiterin Haugen ihre Vorwürfe gegen den US-Konzern schildern. Sie habe ihm »ihre Perspektive, insbesondere in Fragen von Transparenz, Daten und Algorithmen« dargelegt, sagte der EU-Kommissar. Dies habe ihn darin bestärkt, Lobbyarbeit für eine Aufweichung der Vorlagen nicht nachzugeben.

Facebook-Chef Mark Zuckerberg hatte den Vorwurf zurückgewiesen, das Onlinenetzwerk stelle Profite über das Wohl seiner Nutzer. Unter Druck geriet Facebook zuletzt auch, weil ein Fehler in den Netzwerk-Einstellungen am Montag zu einem rund sechsstündigen Ausfall bei Facebook sowie den Töchtern WhatsApp und Instagram geführt hatte.

asc/dpa
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