Das Thema des Tages: Eine präsidiale Ansprache - aber nicht vom Präsidenten
Ist das der US-Präsident, der dort spricht? Der sich mit einer Rede ans Volk wendet, die voller Mitgefühl ist und um Versöhnung wirbt? Die den Schmerz und den Zorn aufnimmt, der Zehntausende seit einer Woche auf die Straße treibt? Die beginnt mit George Floyds letzten Worten "I can't breathe" - ich kann nicht atmen?
Nein, es spricht natürlich nicht der US-Präsident, es spricht sein Widersacher: Joe Biden hat sich heute vom Rathaus in Philadelphia aus an die Nation gewandt, um nach Nächten der Gewalt ein wenig Trost zu spenden, um die Lage zu beruhigen - und um sich als der bessere Anführer zu präsentieren, als Alternative des Anstands. "Donald Trump hat das Land zu einem Schlachtfeld gemacht, gespalten durch alte Vorurteile und neue Ängste." Jeder Amerikaner solle sich fragen: "Wollen wir so sein?" Trump, sagt Biden, heize die Flammen des Hasses weiter an. (Ein Video der Rede finden Sie zum Beispiel hier bei der "New York Times").
Der Demokrat Biden verspricht, die Wunden des Rassismus zu heilen oder zumindest den Versuch zu unternehmen. Wie tief diese Wunden gehen und wie sich das historische Trauma durch Handyvideos von Polizeigewalt noch verstärkt, das erklärt mein Kollege, unser New-York-Korrespondent Marc Pitzke, hier.
Unsere Kolumnistin Margarete Stokowski befasst sich damit, warum es vielleicht keine gute Idee ist, wenn Weiße Schwarzen erklären, wie sie zu trauern haben - ihren Text finden Sie hier. Und mein Kollege Arno Frank kommentiert, wie politischer Protest seine Berechtigung verliert, wenn es zu Plünderungen kommt - hier seine Argumente.
Mehr zu den Protesten und Unruhen in den USA finden Sie in unserem News-Update.
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Oliver Trenkamp