Fall Jens Maier Wie sich Sachsen gegen Rückkehr eines Ex-AfD-Abgeordneten in die Justiz wehrt

Jens Maier (AfD) bei einer Plenarsitzung im Dezember 2019 im Deutschen Bundestag
Foto:Michael Kappeler / dpa
Anträge auf Ruhestand und Untersagung der Amtsgeschäfte: Sachsen wehrt sich auf rechtlichem Wege gegen eine Weiterbeschäftigung des AfD-Politikers Jens Maier als Richter im Freistaat. Dem 60-Jährigen seien am Freitag zwei Schreiben übermittelt worden, teilte die sächsische Justizministerin Katja Meier (Grüne) mit.
»Zum einen wird Herr Maier mit Wirkung vom 14. März 2022 in den Richterdienst als Amtsrichter am Amtsgericht Dippoldiswalde zurückgeführt.« Damit erfülle man den Rückführungsanspruch, den er als ehemaliger Abgeordneter nach dem Gesetz habe.
Parallel dazu sei am Landgericht Leipzig – am dortigen Dienstgericht für Richter – ein Antrag auf Versetzung Maiers in den Ruhestand nach Paragraf 31 des Richtergesetzes gestellt worden. »Zudem habe ich einen Eilantrag beim Dienstgericht für Richter gestellt, Herrn Maier ab dem Zeitpunkt seiner Rückkehr in den Dienst die Führung der Amtsgeschäfte vorläufig zu untersagen«, sagte die Justizministerin.
Gefahr einer »Justizkrise«
Nach dem entsprechenden Paragrafen des Richtergesetzes kann ein Richter auch in den Ruhestand versetzt werden, »wenn Tatsachen außerhalb seiner richterlichen Tätigkeit eine Maßnahme dieser Art zwingend gebieten, um eine schwere Beeinträchtigung der Rechtspflege abzuwenden«.
Laut Ministerin Meier ist dieser Paragraf in der deutschen Rechtssprechung bislang erst zweimal zur Anwendung gelangt. Eine schwere Beeinträchtigung der Rechtspflege bedeute, dass bei einer Richterin oder einem Richter aufgrund ihres oder seines Verhaltens die Verfassungstreue, Unabhängigkeit, Unparteilichkeit, Neutralität und Integrität infrage stünden und so die Gefahr einer »Justizkrise« bestehe. Dass dies »objektiv der Fall« sei, ergebe sich nicht zuletzt aus der öffentlichen Debatte der letzten Wochen, sagte Meier.
Der Deutsche Richterbund (DRB) begrüßt es in einem aktuellen Statement, »dass die politisch Verantwortlichen in Sachsen alle rechtlichen Hebel des Rechtsstaates in Bewegung setzen, um eine Rückkehr von Jens Maier auf die Richterbank zu verhindern«. Für DRB-Bundesgeschäftsführer Sven Rebehn wäre es »ein unerträglicher Zustand, wenn ein durch staatliche Behörden als Rechtsextremist eingestufter Politiker in Deutschland Recht sprechen würde«. Es würde das »Ansehen der Rechtspflege erheblich beschädigen«.
»Die rechtlichen Hürden sind außergewöhnlich hoch«
Justizministerin Meier gibt zu bedenken: »Die rechtlichen Hürden sind außergewöhnlich hoch. Wir bewegen uns hier in einem absoluten juristischen Neuland.« Über diesen Weg blieben gleichzeitig alle anderen Maßnahmen wie ein Disziplinarverfahren gegen Maier möglich. Dies müsse aber vom künftigen Dienstherrn, dem künftigen Gericht Maiers, geführt werden. Zudem habe der Landtag die Möglichkeit für eine Richteranklage.
Mit einer Richteranklage kann der Sächsische Landtag das Bundesverfassungsgericht anrufen, um die Versetzung eines Richters in ein anderes Amt oder in den Ruhestand zu erreichen oder auch seine Entlassung zu erwirken. Für diesen Schritt ist allerdings eine Zweidrittelmehrheit im Parlament erforderlich. Die CDU steht der Richteranklage bislang skeptisch gegenüber. Die Grünen haben dazu ein Gutachten in Auftrag gegeben.
Es sei insbesondere zu prüfen, »ob das unerträgliche Verhalten Maiers während seiner Abgeordnetenzeit« Grundlage für eine erfolgreiche Richteranklage sein könne, sagt DRB-Bundesgeschäftsführer Rebehn. »Die Richteranklage könnte der sächsische Landtag mit einer Zwei-Drittel-Mehrheit auf den Weg bringen. Dann entscheidet das Bundesverfassungsgericht. Vom Parlament in Dresden ginge damit ein starkes Zeichen für einen wehrhaften Rechtsstaat aus.«
Der vom Verfassungsschutz als Rechtsextremist eingestufte Maier will nach seinem Ausscheiden aus dem Bundestag im vergangenen Herbst wieder in die sächsische Justiz zurückkehren. Früher war er am Landgericht Dresden tätig. Er selbst will sich nicht zu seiner Rückkehr äußern. Die AfD spricht von einer Hexenjagd gegen Maier.
Andere Parteien halten ihn für untragbar. Das Auschwitz-Komitee und der Zentralrat der Juden drängten darauf, Maiers Rückkehr in die Justiz zu verhindern. Die Neue Richtervereinigung hielt eine Richteranklage für geboten.