Mahnung an die Union Rainer Brüderle schwört Koalition auf Lagerwahlkampf ein

Fraktionschef Brüderle: "Klare Richtungsentscheidung"
Foto: dapdHamburg - In den Umfragen kommen die Liberalen seit Wochen gerade einmal auf vier Prozent - und würden damit aus dem Bundestag fliegen, wenn jetzt Wahlen wären. Alles andere als rosige Aussichten für das Wahljahr 2013, zumal die Debatte über ein schwarz-grünes Bündnis einfach nicht enden will. FDP-Fraktionschef Rainer Brüderle gibt nun die Marschrichtung für seine Partei vor - und die heißt: Lagerwahlkampf und bloß keine Experimente im kommenden Jahr.
"Wir werden die Wahlen zu einer klaren Richtungsentscheidung machen", kündigte Brüderle in der "Welt am Sonntag" an. Es gehe um die Fortsetzung der christlich-liberalen Koalition, die für stabiles Wachstum, stabiles Geld und ein Nein zu Steuererhöhungen stehe. Die Alternative sei ein "rot-grünes Experiment mit immer mehr Schulden und immer höheren und neuen Steuern". Die FDP strebe dagegen für die nächste Wahlperiode eine größere "Steuervereinfachungsreform" an. Bei dieser wollten sich die Liberalen auch den Solidaritätszuschlag vornehmen.
Gleichzeitig warnte der Fraktionschef die Union eindringlich vor einer Annäherung an die Grünen - und appellierte an die CDU/CSU-Wähler, die ein Bündnis mit den Grünen verhindern wollen. "Die schwarz-grünen Gedankenspiele einiger CDU-Politiker sind quasi ein Förderprogramm für die FDP", so Brüderle. "CDU-Wähler, die eine bürgerliche Koalition wollen und Schwarz-Grün fürchten, müssen für uns stimmen."
Wer für die grüne Spitzenkandidatin Katrin Göring-Eckardt stimme, "bekommt Jürgen Trittin", fügte der Liberale hinzu. Brüderle betonte wie bereits vor einigen Wochen im Bundestag: Der Fraktionsvorsitzende und Spitzenkandidat trage "unter dem Jackett noch immer die Mao-Weste mit den Rezepten von gestern in der Tasche: nämlich abkassieren und umverteilen".
Einem Dreierbündnis mit SPD und Grünen erteilte Brüderle eine klare Absage. "Ich sehe keine inhaltlichen Schnittmengen für eine Ampel." Die FDP wolle nicht "um jeden Preis" regieren.
Merkel soll vor machtpolitischen Folgen gewarnt haben
Trotz der mahnenden Worte befeuern einige Christdemokraten die Debatte um Schwarz-Grün weiter. Bundesfamilienministerin Kristina Schröder schließt ein solches Bündnis nicht aus. "Ich kann mir Schwarz-Grün prinzipiell schon seit langem vorstellen", sagte sie dem Hessischen Rundfunk in der Sendung "hr1-Talk". Es komme sehr auf die handelnden Personen an. Die Grünen-Spitzenkandidatin Katrin Göring-Eckardt hält Schröder für eine "kluge Frau". Sie stehe durchaus "für bürgerliche Werte", so die Ministerin.
Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) soll sich dagegen erstaunt darüber gezeigt haben, dass die Nominierung von Göring-Eckardt von Parteifreunden als Signal für Schwarz-Grün gedeutet worden war. Das allein verändere nichts, sagte sie einem Bericht des "Foucs" zufolge. Demach soll die Parteichefin schwarz-grünen Gedankenspielen in einer Präsidiumssitzung eine Absage erklärt haben.
Die Kanzlerin habe auf große inhaltliche Differenzen mit den Grünen hingewiesen und auch vor den machtpolitischen Folgen gewarnt, die ein Regieren mit den Grünen erschweren würden: "Dann hätten wir null Stimmen im Bundesrat", zitiert das Magazin Merkel ohne Quellenangabe. In keinem Bundesland gibt es derzeit eine schwarz-grüne Regierung. Eine solche Koalition hätte deshalb in der Länderkammer kein eigenes Lager hinter sich.
Strobl sich will vor dem Wahlabend nicht festlegen
Auch Niedersachsens Ministerpräsident David McAllister (CDU) sprach sich gegen ein schwarz-grünes Bündnis aus. "Koalitionen erfordern hinreichende inhaltliche Schnittmengen. Die sehe ich gegenwärtig mit den Grünen nicht", sagte er der "B.Z. am Sonntag". Die Partei hätte auf ihrem Bundesparteitag einen eklatanten Linksschwenk vollzogen. Bei der Sozialpolitik konkurrierten sie jetzt mit SPD und Linken. "Die Grünen haben ihre alte Staatsgläubigkeit wieder entdeckt. Da waren sie schon einmal weiter", so McAllister.
In Niedersachsen wird am 20. Januar gewählt - es ist der Auftakt in das Wahljahr 2013. Die Grünen haben McAllister bereits deutlich gemacht, dass sie mit ihm auf keinen Fall koalieren wollen. Die CDU setzt auf eine Fortführung von Schwarz-Gelb. Die Liberalen kommen in Niedersachsen derzeit auf gerade einmal drei bis vier Prozent in Umfragen - und würden damit als Koalitionspartner für den Christdemokraten wegfallen.
Baden-Württembergs CDU-Vorsitzender Thomas Strobl riet seiner Partei davon ab, mit einer Aussage zugunsten der FDP in den Wahlkampf zu gehen. "Über Koalitionen sollte frühestens am Abend der Bundestagswahl gesprochen werden", sagte er dem "Tagesspiegel am Sonntag". Ein Bündnis mit den Grünen als Alternative zur FDP bewertete er aber skeptisch. Insbesondere in der Sozial- und Wirtschaftspolitik blieben "fundamentale Unterschiede" bestehen.
Schwarz-Grün wird mittlerweile nach einer aktuellen Forsa-Umfrage von jedem dritten Bundesbürger positiv beurteilt.