Explosive Chemikalie Salafisten besaßen Ammoniumnitrat

Wohnort von Tayfun S. in Essen: In Bonn stellte die Polizei gefährliche Chemikalien sicher
Foto: dapdBonn - Es geht um genau 616 Gramm Chemikalien, die in der Wohnung eines Bonner Salafisten gefunden worden sind. Wie Untersuchungen des nordrhein-westfälischen Landeskriminalamts inzwischen ergaben, handelte es sich dabei um Ammoniumnitrat. Das Material war nach Angaben der Staatsanwaltschaft Dortmund sprengfähig. Ein Zünder sei allerdings nicht gefunden worden, sagte Staatsanwalt Henner Kruse am Freitag.
Vier radikalislamische Männer im Alter zwischen 23 und 43 Jahren waren in der Nacht zu Mittwoch in Leverkusen, Bonn und Essen festgenommen worden. Enea B., Marco G., Koray D. und Tayfun S. sitzen nun in verschiedenen Haftanstalten. Die Gruppe soll Anschläge auf Mitglieder der rechtsextremen Partei Pro NRW geplant haben. Am Donnerstag ergingen Haftbefehle.
Zwei der Salafisten, Enea B. und Marco G., waren in der Nähe des Hauses des Pro-NRW-Chefs Markus Beisicht in Leverkusen beobachtet worden. Sie waren unbewaffnet und wurden von einem Spezialeinsatzkommando gestellt.
Waffenarsenal und Sprengstoff sichergestellt
Bei Durchsuchungen in Bonn und Leverkusen fanden die Staatsschützer wenig später eine Liste, auf der neun Namen von Aktivisten der rechtsextremen Partei rot markiert worden waren. Zudem stellten sie das Ammoniumnitrat, eine geladene Pistole vom Kaliber 7,65 Millimeter, drei Gasrevolver, einen Teleskopschlagstock und eine schusssichere Weste sicher.
Nach ersten Erkenntnissen der Ermittler plante die "islamistische Gruppierung", wie Oberstaatsanwalt Volker Bittner das Quartett nannte, gezielte Anschläge auf einzelne Pro-NRW-Kader. Die Dortmunder Staatsanwaltschaft und die Polizei Essen hatten seit Monaten unter größtmöglicher Geheimhaltung gegen die Gruppe wegen des Verdachts einer schweren staatsgefährdenden Gewalttat ermittelt. Dabei wurden Telefone überwacht und Autos verwanzt.
Viele Fragen um die Gruppe noch offen
Alle vier schweigen zu den Vorwürfen. Woher sie sich kannten, sei noch unklar, so Kruse. Die vier Verdächtigen gehören nach allem, was man bisher weiß, nicht zu der ersten Riege der nordrhein-westfälischen Islamisten. Sie hätten aber in den vergangenen Wochen regen Kontakt miteinander gehabt.
Das bei ihnen gefundene Ammoniumnitrat, ein Salz aus Ammoniak und Salpetersäure, wird für Düngemittel und Sprengstoffe verwendet. Zusammen mit einem Zünder ist es sehr explosiv. Ammoniumnitrat befand sich auch in der Tasche, die beim fehlgeschlagenen Anschlag im Dezember 2012 am Bonner Hauptbahnhof gefunden wurde.
Die Chemikalie war zum Beispiel 1995 für den Anschlag auf ein Bürogebäude in Oklahoma City in den USA verwendet worden. Rund zwei Tonnen Ammoniumnitrat und Dieselkraftstoff rissen damals 168 Menschen in den Tod.