Fluch und Segen Merkels kleine SMS-Philosophie
Berlin - Trotz der offensichtlichen Liebe zum Handy - auch Angela Merkel weiß: Die Kurznachricht ist nicht für alle Situationen geeignet. "Wenn man Botschaften versenden möchte, die emotional sehr feinfühlig sind, oder wenn man Nuancen ausdrücken möchte, dann merkt man, dass das eben schon eine Short Message ist", philosophierte sie jetzt in einem NDR-Interview. Alles in allem finde sie jedoch, das SMSen sei "eine sehr interessante Form der Kommunikation, die in der Tat auch zum großen Teil Zeit sparend ist."
Sonderzeichen wie den Smiley, der einen Scherz unterstreichen oder Ironie verdeutlichen soll, habe sie erst sehr spät gelernt, gestand die Kanzlerin allerdings ein. Dabei sind die Sonderzeichen doch so nützlich. "Das Symbol ist manchmal wirklich hilfreich, weil man Scherz und bittere Wahrheit dann besser auseinander halten kann."
Ausgelernt hat Merkel in Sachen SMS noch immer nicht. Trotz häufiger Übung könne sie noch keine Kurznachrichten blind schreiben, erklärte sie dem NDR. Einige ihrer Kollegen aus der Großen Koalition sind da offenbar schon weiter. Bei den Sitzungen des Koalitionsausschusses - dem wichtigsten Entscheidungsgremium der Großen Koalition - stehen zumindest sämtliche Handybesitzer unter Generalverdacht. Denn was dort erzählt wird, landet oft postwendend in den Medien. Die naheliegende Vermutung: Brenzlige Interna werden per SMS weitergetragen.
Sogar ein Handy-Verbot im Sitzungssaal war schon im Gespräch, um der Petzerei via SMS ein Ende zu machen. In dem NDR-Interview gab sich Merkel ratlos. Das Verhalten der gesprächigen Koalitionskollegen sei "grenzgängig". "Aber Verbot hilft da nicht", erklärte die Kanzlerin. "Das hat ja doch keinen Sinn. Dann gehen die Leute aufs Klo und schreiben da eine SMS."
"Ich finde, wir sind ja nicht im Kindergarten", fügte Merkel hinzu. Manchmal könnte man allerdings anderes vermuten. Um sich sozusagen von vorneherein ein Alibi zu beschaffen, hatte sich beispielsweise der CSU-Landesgruppenchef Peter Ramsauer bei der letzten Koalitionsrunde am 5. März selbst ein "striktes Handyverbot" auferlegt, wie er gerne betont.
Zu oft habe er sich geärgert, wenn Mitstreiter ihn verdächtigten, Informationen aus der laufenden Spitzenrunde nach außen zu tragen. Deswegen habe er sein Handy beim letzten Treffen komplett abgeschaltet - und erst am nächsten Morgen wieder angemacht. "Da hatten sich die meisten Anrufe, die aufgelaufen waren, schon längst erledigt", freute sich der CSU-Politiker.
ase/AP