Je schneller über Asylanträge entschieden wird, desto eher finden Flüchtlinge Arbeit, können andere abgeschoben werden. Doch genau da, beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, liegt das Kernproblem.
Entscheidend ist, wie rasch die Anträge auf Asyl bearbeitet werden. Je schneller zwischen denen unterschieden werden kann, die das Land wieder verlassen müssen oder bleiben dürfen, desto geringer sind die Belastungen für Bund, Länder und Kommunen.
Und wenn diejenigen rascher gehen, deren Antrag abgelehnt wurde, ist wieder mehr Platz in den Erstaufnahmelagern für neue Flüchtlinge.
Versagt das Bamf?
Zuständig für die Bearbeitung der Asylanträge ist das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bamf) in Nürnberg. Und das scheint bei dieser zentralen Aufgabe zu versagen.
Egal mit wem man im Moment über die Flüchtlingskrise spricht, ob Bundes- oder Landespolitiker, gleich, welches Parteibuch: Alle sind sich darin einig, dass die Nürnberger Behörde ihrer Aufgabe nicht gerecht wird - und darin das Kernproblem bei der Bewältigung der Flüchtlingskrise liegt.
In den jüngsten Koalitionsvereinbarungen zur Flüchtlingspolitik wird die Beschleunigung der Asylverfahren ausdrücklich gefordert, "u. a. durch die zügige Besetzung der bereits beschlossenen neuen Stellen und der unbürokratischen Gewinnung weiteren Personals". Aber reichen solche Willensbekundungen angesichts der Defizite in Nürnberg aus?
Wartende Flüchtlinge in Berlin: Die Verfahren dauern viel zu lang
Foto: Kay Nietfeld/ dpa
Das Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) unterstellte Bamf unter seinem Präsidenten Manfred Schmidt ist längst zum Nadelöhr geworden und kann das ganze deutsche Aufnahmesystem blockieren. Niedersachsens Ministerpräsident Stephan Weil (SPD) drückt das so aus: "Wenn hier nicht rasch etwas geschieht, werden die Aktenberge weiter wachsen und die Überforderungen aller anderen Beteiligten weiter zunehmen."
Die Zahlen aus Nürnberg sind erschreckend: Selbst wenn es bei 800.000 Flüchtlingen bliebe, die 2015 nach Deutschland kommen - schon im August stauten sich nach Bamf-Angaben rund 250.000 unbearbeitete Asylanträge im Haus. Und im ersten Halbjahr schaffte die Behörde nicht mehr als rund 116.000 Asylerstanträge.
Es fehlt vor allem an sogenannten Entscheidern
Die Asylanträge in drei Monaten zu bearbeiten, wie es sich die Politik wünscht, scheint deshalb völlig utopisch zu sein. Und das liegt vor allem daran, dass es in Nürnberg an den sogenannten Entscheidern fehlt. Rund 550 waren das im Juli - inzwischen wurde die Zahl deutlich aufgestockt, doch Behördenchef Schmidt räumte kürzlich ein, dass eigentlich 9000 Entscheider notwendig wären.
Das Problem ist aber auch grundsätzlicher Natur: Wird das Bamf in seiner Struktur den Anforderungen gerecht? Der Blick auf einige Kennziffern lässt daran zweifeln:
Ende Juni 2015 lagen nach Angaben der Bundesregierung rund 113.000 Asylanträge länger als sechs Monate beim Bamf, mehr als 12.000 davon waren älter als zwei Jahre.
Auch von Asylbewerbern aus Albanien, Serbien und dem Kosovo lagen Ende Juni 2015 rund 30.000 Anträge länger als drei Monate bei der Behörde. Für die Erstaufnahmeeinrichtungen würde das bedeuten: 30.000 Plätze sind seit mehr als drei Monaten mit Asylbewerbern belegt, deren Anträge aller Wahrscheinlichkeit abgelehnt werden.
Aus dem Bamf heißt es zum Antragsstau im Haus: "Auch aus Sicht des Bundesamts ist dies kein guter Zustand." In diesem Jahr sei die Bearbeitung der Altverfahren aus dem Jahr 2013 eine der Prioritäten des Bundesamts. Nur: Wieso liegen sie überhaupt noch dort, obwohl im Jahr 2013 insgesamt nur rund 130.000 Asylanträge gestellt wurden?
Nordrhein-Westfalens Ministerpräsidentin Hannelore Kraft, deren Bundesland so viele Flüchtlinge aufnehmen muss wie kein anderes, sagt mit Blick auf die Flüchtlingskrise und das Bamf: Wenn sich dort nichts fundamental ändere, "weiß ich nicht, wie wir das hinkriegen sollen". Dabei gehe es ihr nicht um politische Schuldzuweisungen, sagt die SPD-Politikerin: "Es ist mir völlig egal, wer dafür verantwortlich ist." Aber so, sagt Kraft, könne es jedenfalls nicht weitergehen.
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