Flüchtlingsstreit der Union "Die Fronten sind eher verhärtet"

Seehofer, Merkel
Foto: Carsten Koall/ Getty ImagesAus Sicht der CSU ist eine Einigung mit CDU-Chefin und Kanzlerin Angela Merkel über die künftige Flüchtlingspolitik nicht näher gerückt. "Die Fronten sind eher verhärtet", erfuhr der SPIEGEL aus führenden Parteikreisen. Demnach ist man nach dem Treffen am Mittwochabend im Kanzleramt, an dem neben Merkel und CSU-Chef und Innenminister Horst Seehofer der bayerische Ministerpräsident Markus Söder (CSU) und sein hessischer Amtskollege und CDU-Vize Volker Bouffier teilgenommen haben, ergebnislos auseinandergegangen.
Die CSU habe den Angaben zufolge ihre Forderung erneuert, Asylbewerber, die schon in einem anderen EU-Land registriert sind, an der deutschen Grenze zurückzuweisen. Gleichzeitig bot man dem Vernehmen nach an, außerdem alle Bemühungen auf europäischer Ebene zu unterstützen, gleichwertige Maßnahmen zu vereinbaren. Kanzlerin Merkel wiederum habe auf eine europäische Lösung gepocht, hieß es.
Ihr konkreter Vorschlag sah demnach vor, bilaterale Vereinbarungen mit den am stärksten vom Migrationsdruck betroffenen Ländern zu schließen, also wohl vor allem Italien, Griechenland und Spanien. Erst dann könnte man aus Merkels Sicht Asylbewerber zurückweisen, die schon in anderen EU-Ländern Asylverfahren durchlaufen haben. Die CSU habe diesen Vorschlag nicht akzeptiert, hieß es.
"Rasch umsetzen"
Am Donnerstag wollen nun die CDU-Abgeordneten der Unionsfraktion zu einer eigenen Sitzung zusammenkommen, kein alltäglicher Schritt. Gleichzeitig plant die CSU-Landesgruppe ein Treffen. Dafür wird extra die Sitzung des Bundestages unterbrochen.
Bayerns Ministerpräsident Söder erneuerte am Morgen die Forderung nach einer zügigen Regelung im Sinne seiner Partei. Die Regierung solle die Zurückweisung an der Grenze "jetzt rasch umsetzen", sagte der CSU-Politiker in Berlin.
Unklar ist, ob die CSU tatsächlich alle Asylbewerber zurückweisen will, die bereits in der Datei Eurodac registriert sind, oder nur jene Menschen aus dieser Gruppe, die tatsächlich auch schon einen Asylantrag in einem anderen EU-Land gestellt haben. Aus Sicht des Innenministeriums ist Letzteres der Fall. Das würde zu einer deutlich geringeren Zahl von Zurückweisungen führen als sonst.
"Masterplan" Migration
Der Streit hat sich deshalb entzündet, weil Innenminister Seehofer die von der CSU geforderten Zurückweisungen zum Bestandteil seines Masterplans Migration machen will. Die für vergangenen Dienstag geplante Präsentation des Masterplans sagte Seehofer ab, weil Kanzlerin Merkel widersprochen hatte.
Die Union befindet sich deshalb in einem neuen Streit um den richtigen Kurs in der Flüchtlingspolitik, bei dem offenbar aber auch Teile der CDU die härtere Linie von Seehofer und der CSU unterstützen. Der Konflikt berührt auch grundsätzlich die Stabilität der Koalition: Aus der CSU waren zuletzt sogar Stimmen laut geworden, notfalls lieber die gemeinsame Bundesregierung platzen zu lassen, als in dem Streit nachzugeben.
Rückendeckung erhält die Kanzlerin dagegen von Nordrhein-Westfalens Ministerpräsident Armin Laschet (CDU). "Wenn Angela Merkel für eine europäische Lösung eintritt, dann hat sie auch meine Unterstützung", sagte der Regierungschef aus Düsseldorf im ARD-"Morgenmagazin". Er warnte davor, dass es ohne eine europäische Lösung des Flüchtlingsproblems, wie Merkel sie anstrebt, zu "Eskalationen" in Europa kommen könnte. Es sei zu befürchten, dass die betroffenen europäischen Länder sagen: "Dann registrieren wir nicht mehr." Auch Brandenburgs CDU-Landeschef Ingo Senftleben sprach sich gegen eine einseitige Schließung der deutschen Grenzen aus.
Video: Abschiebung aus Deutschland - Balkanzentrum Bamberg