Brandanschläge und Drohungen Genscher erinnern Angriffe auf Flüchtlingsheime an NS-Zeit

Ex-Außenminister Genscher: "Der Westen weiß nur zu gut, wie sich das anfühlt"
Foto: Matej Divizna/ Getty ImagesDie Sorge wächst, dass die Gewalt gegen Flüchtlingsunterkünfte in Deutschland eskalieren könnte. Nicht nur Verfassungsschutzpräsident Hans-Georg Maaßen warnt: Die Zahl der Angriffe auf Asylbewerberheime habe sich 2014 verdreifacht und sei im ersten Halbjahr 2015 erneut deutlich gestiegen.
Auch Ex-Außenminister Hans-Dietrich Genscher meldet sich nun zu Wort. Der Liberale fühlt sich bei Angriffen auf Flüchtlingsheime an seine Kindheit im Nationalsozialismus erinnert. "Wissen Sie, immer wenn ich eine Meldung über einen Anschlag auf ein Asylbewerberheim lese, stehen vor mir die Bilder meiner Kindheit: brennende Synagogen und zerstörte jüdische Ladengeschäfte", sagte er der "Zeit".
Zugleich verteidigt Genscher die Ostdeutschen gegen Vorwürfe, sie seien für Rechtsextremismus und Fremdenfeindlichkeit besonders anfällig. Die Vorwürfe waren nach Attacken wie zum Beispiel im sächsischen Dresden oder Freital in vergangenen Monaten immer wieder aufkommen. "Ich erinnere mich noch daran, welche rassistischen Töne in den frühen Fünfzigern in der Bundesrepublik zu hören waren", sagte der 88-Jährige der Wochenzeitung. "Da gab es die Rechtspartei, die Deutsche Reichspartei, die NPD saß in vielen Länderparlamenten", so Genscher. "Sicher hat der Osten ein Rechtsextremismus-Problem, aber der Westen weiß nur zu gut, wie sich das anfühlt."
In den vergangenen Monaten gab es immer wieder Meldungen über Angriffe auf Flüchtlinge, bei denen es auch Verletzte gab. Einige Beispiele:
- In Greiz in Thüringen wurden in der Nacht zum 26. Juli vier Syrer im Alter von 19 bis 26 Jahren von drei Jugendlichen auf der Straße geschlagen und getreten.
- Ende Juli gab es einen Brandanschlag auf eine Flüchtlingsfamilie in Brandenburg an der Havel, dem diese nur knapp entgehen konnte.
- In Dresden demonstrierte die NPD am 24. Juli vor einer für Flüchtlinge aufgebauten Zeltstadt. Dabei gab es Krawalle und Zusammenstöße mit Gegendemonstranten. Drei Menschen wurden verletzt. Auf ein anderes Flüchtlingsheim in der sächsischen Landeshauptstadt warf eine Gruppe von rund 30 Menschen Steine.
Im ersten Halbjahr dieses Jahres beantragten rund 179.000 Menschen in Deutschland Asyl - das sind mehr als doppelt so viele wie im vorigen Jahr.