Merkel zur Flüchtlingsfrage "Wir werden alles tun, um weitere Opfer zu verhindern"

Bootsankunft im sizilianischen Pozzallo: Politik will Flüchtlinge besser schützen
Foto: ALESSANDRO BIANCHI/ REUTERSBundeskanzlerin Angela Merkel hat zu sofortigen Maßnahmen aufgerufen, um den Tod weiterer Flüchtlinge im Mittelmeer zu verhindern. "Wir werden alles tun, um zu verhindern, dass weitere Opfer im Mittelmeer vor unserer Haustür umkommen auf quälende Art und Weise", sagte die CDU-Chefin auf einer Veranstaltung mit Nichtregierungsorganisationen in Berlin.
"Das vereinbart sich nicht mit unseren Werten", daher müssten die Anstrengungen zur Rettung der Menschen verstärkt werden, so die Kanzlerin weiter.
Merkel kündigte zugleich einen verstärkten Kampf gegen Schleuser und Schlepper an, "die Menschen in Gefahr und Tod bringen". Auch an der Überwindung von Fluchtursachen solle intensiv gearbeitet werden.
EU-Sondergipfel am Donnerstag
Merkel verwies dabei auf die zeitgleichen Beratungen der EU-Außen- und Innenminister in Luxemburg. Sie sprach sich auch für einen Sondergipfel der EU aus, wie ihn bereits Italiens Ministerpräsident Matteo Renzi gefordert hat. "Wir sind uns insgesamt schuldig, dass wir hier mehr tun."
Eine Stunde nach Merkels Auftritt berief Ratspräsident Donald Tusk einen EU-Sondergipfel für den Donnerstag ein.
Beim Kentern eines Flüchtlingsschiffes in der Nacht zum Sonntag auf dem Weg von Libyen nach Italien waren fast alle der mutmaßlich zwischen 700 und 950 Menschen an Bord ertrunken. Es wurden zunächst nur 28 Überlebende geborgen. Wenige Tage zuvor hatte es bei einem weiteren Unglück mutmaßlich 400 Tote gegeben.
Europa soll Seenotrettung finanzieren
Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) sagte in Luxemburg: "Die Seenotrettung muss erheblich verbessert werden, sie muss schnell organisiert und europäisch finanziert werden." Damit Schlepper dies nicht ausnutzten, müssten die EU-Staaten gleichzeitig gegen Menschenhändler vorgehen - in Europa, aber auch in Anrainerstaaten. De Maizière sprach sich zudem erneut für eine gerechtere Verteilung von Flüchtlingen in Europa aus.
Der Minister hatte eine Wiederaufnahme der italienischen Marineoperation "Mare Nostrum" bislang ausdrücklich abgelehnt. Vergangene Woche bezeichnete er ein Programm zur Seenotrettung als Beihilfe zum "Schlepper-Unwesen". Dafür geriet er nach den neuesten Unglücken unter Druck seines Koalitionspartners SPD.
Der Sprecher des Außenministeriums, Martin Schäfer, sagte, es sei politischer Konsens, dass "wir nicht jedem, der zu uns kommen will, hier Tür und Tor öffnen können". Dennoch müsse Europa ein "Kontinent der Humanität" sein. Diese zwei Grundsätze unter einen Hut zu bringen, sei schwierig.
Die Linke fordert noch in dieser Woche eine Regierungserklärung Merkels im Bundestag. "Diese Katastrophe (...) ist verschuldet und verursacht sowohl von der Europäischen Union als auch von der Bundesregierung", sagte Fraktionschef Gregor Gysi. Seinen Vorwurf begründete er unter anderem damit, dass der Seenotrettungsdienst eingestellt worden sei, der nur neun Millionen Euro im Monat gekostet habe.
Video: Das wichtigste Statement aus Angela Merkels Rede