Registrierung Nordrhein-Westfalen holt Pensionäre für Flüchtlingshilfe

Flüchtlingsunterkunft in Hamm: "Große Hilfsbereitschaft erkennbar"
Foto: Ina Fassbender/ dpaUm der steigenden Zahl von Flüchtlingen gerecht zu werden, will Nordrhein-Westfalen auch pensionierte Beamte aktivieren. Ministerpräsidentin Hannelore Kraft (SPD) sagte der Deutschen Presse-Agentur, es hätten sich bereits 150 Pensionäre aus dem Bereich des Innenministeriums gemeldet. "Da ist schon eine große Hilfsbereitschaft erkennbar." Nach Polizeibeamten würden nun ehemalige Lehrer und weitere Pensionäre angeschrieben.
Die Pensionäre sollen eingesetzt werden, um Neuankömmlinge in Erstaufnahme-Einrichtungen des Landes zu registrieren. Für die Aufgabe sollen sie bezahlt werden. Derzeit kommen rund tausend Flüchtlinge täglich nach NRW - 90.000 werden insgesamt in diesem Jahr erwartet.
Das größte Problem sei der Bearbeitungsstau bei den Anträgen, kritisierte Kraft. "Der Bund muss im Herbst verbindlich zusagen, wie er über das Bisherige hinaus seiner Verantwortung bei der Flüchtlingsbetreuung nachkommen wird. Wir können uns monatelange Verhandlungen nicht leisten." Nötig seien mehr sogenannte Entscheider beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge und mehr bundeseigene Flächen und Gebäude.
Kraft appellierte auch an Arbeitgeber, Beschäftigte freizustellen, die sich ehrenamtlich für Flüchtlinge engagieren. Diese Hilfe sei weiterhin unverzichtbar.
Die SPD-Politikerin mahnte dazu, angesichts sinkender Akzeptanz der Bevölkerung sensibel mit dem Thema Flüchtlinge umzugehen - auch sprachlich. Dies sei dem bayerischen Ministerpräsidenten Horst Seehofer (CSU) mit seiner Kritik an "massenhaftem Missbrauch" des Asylrechts nicht geglückt. "Das ist keine verantwortungsvolle Kommunikation. Niemand verlässt sein Heimatland leichten Herzens, sondern nur, wenn er Tod und Verfolgung fürchtet oder für sich und seine Familie keine Perspektive sieht."
Niedersachsens Innenminister Boris Pistorius (SPD) forderte ein Moratorium für alle Gesetze, die die Beschaffung von Unterkünften für Flüchtlinge erschweren. "Ich bin gerade dabei, eine Liste mit Bundes- und Landesgesetzen vorzubereiten, die uns bei der Bewältigung dieser Herausforderung behindern oder zu viel Zeit kosten", sagte er. Dazu zählten das Vergaberecht, Vorschriften für die energetische Sanierung von Bestandsgebäuden und das Baurecht - all die "Auflagen also, die man erfüllen muss, um ein bestehendes Gebäude neu zu nutzen".
"Kleinkarierte" Diskussion über Kosten
Wie Pistorius die Forderung nach der Sommerpause auf Bundesebene durchsetzen will, ist noch offen. "Ob als Bundesratsinitiative oder in Form eines Artikelgesetzes über den Bundestag, das müssen wir sehen", sagte er. Entscheidend sei am Ende nur, dass im Dezember keine Flüchtlinge mehr in Zelten untergebracht werden müssten.
Mit Blick auf die vorhandenen Probleme bei der Finanzierung forderte Pistorius ebenfalls mehr Tempo und Geschlossenheit: "Heute ist Flüchtlingspolitik eine gesamtstaatliche, eine nationale Aufgabe." Die derzeitigen Verhandlungen von Bund und Ländern um die Kosten wirkten "manchmal kleinkariert". "Wenn wir der Bevölkerung signalisieren, dass wir nicht in der Lage sind, diese Herausforderung zu bewältigen, dann gefährden wir das Vertrauen der Menschen in die Handlungs- und Exekutivfähigkeit dieses Staates."
Auch Thüringens Ministerpräsident Bodo Ramelow (Linke) verlangte vom Bund deutlich schnellere Entscheidungen. Ohne einen rechtsstaatlichen Bescheid könnten Flüchtlingen in der Regel keine Praktikums-, Ausbildungs- oder Arbeitsstellen angeboten werden. "Wir wollen sie aber integrieren."
Ramelow kritisierte auch die seiner Meinung nach zu geringe Beteiligung des Bundes an den Unterbringungs-, Betreuungs- und Integrationskosten. "Eine Milliarde Euro, von der die Länder auch noch die Hälfte an den Bund zurückzahlen müssen, ist viel zu wenig."
Für die Bearbeitung von Asylanträgen ist das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge zuständig. Sein Personal sollte um bis zu 2000 Stellen aufgestockt werden, war bei einem Flüchtlingsgipfel von Bund und Ländern im Frühjahr festgelegt worden. Von den versprochenen bundesweit vier Zentren zur Verfahrensbeschleunigung sei bisher aber nichts zu sehen, kritisierte Ramelow.
Zusammengefasst: Mehrere Bundesländer machen Vorschläge, wie mit der steigenden Zahl von Flüchtlingen besser umgegangen werden könnte. Dazu gehören der Einsatz pensionierter Beamter und ein Moratorium für zeitraubende Bauvorschriften.