Flüchtlingsdrama in Österreich Spuren der Schlepper führen nach Deutschland

Sie haben mutmaßlich 71 Menschenleben auf dem Gewissen: Mehrere verdächtige Schlepper sitzen nach dem Flüchtlingsdrama von Österreich in Haft. Nach SPIEGEL-ONLINE-Informationen fielen mindestens zwei von ihnen zuvor in Deutschland auf.
Schleuser-Lastwagen, Ermittler: Spuren nach Deutschland

Schleuser-Lastwagen, Ermittler: Spuren nach Deutschland

Foto: HEINZ-PETER BADER/ REUTERS

Im Fall der Flüchtlingstragödie mit 71 Toten in Österreich führen Spuren der verdächtigen Schlepper nach Deutschland. Nach Informationen von SPIEGEL ONLINE sind zwei der mutmaßlichen und inzwischen gefassten Schleuser zuvor in Deutschland aufgefallen. Einer von ihnen war sogar zur Fahndung ausgeschrieben und sollte festgenommen werden.

Dabei handelt es sich um Metodi G., 29, auf den die deutschen Sicherheitsbehörden in den vergangenen Jahren mehrfach im Zusammenhang mit Straftaten gestoßen sind, unter anderem auch wegen Menschenschmuggels. So soll G. Ende Juli an Bord eines Transporters mit 38 Flüchtlingen gewesen sein, der in Bayern gestoppt worden war. Die Staatsanwaltschaft Deggendorf ermittelt daher gegen ihn wegen gewerbsmäßigen Einschleusens, wie ein Behördensprecher am Montag sagte.

Am Vormittag des 25. Juli hatten zwei Beamte des Bundesamts für Güterverkehr einen weißen Citroën Jumper auf der Autobahn 3 unweit des bayerischen Örtchens Hengersberg angehalten. Sofort sprangen zwei Männer aus dem Führerhaus und rannten davon. In dem Fahrzeug fanden die Beamten nicht nur 38 überwiegend aus Afghanistan stammende Flüchtlinge, sondern auch eine ungarische Kurzzeitzulassung für das Auto. Sie war auf Metodi G. ausgestellt.

Festgenommener mutmaßlicher Schlepper: Unterste Ebene

Festgenommener mutmaßlicher Schlepper: Unterste Ebene

Foto: ATTILA KISBENEDEK/ AFP

Doch das war nicht das erste Mal, dass der aus dem bulgarischen Lom stammende Mann in Deutschland Ärger mit den Behörden hatte. Im August und Oktober 2013 war G. in Bayern am Steuer von Autos aufgefallen - ohne Führerschein. In Deggendorf erhielt er daraufhin einen Strafbefehl über einige hundert Euro, den er nie bezahlte. Auch in Straubing bekam er eine Geldbuße aufgebrummt.

Tankstellen-Überfall in Bochum

Die Strafen dürften ihn wenig beeindruckt haben, G. scheint sich schon länger nicht mehr ans Gesetz zu halten. Schon Jahre zuvor soll er in Bochum eine Tankstelle überfallen haben. Am frühen Morgen des 28. Juli 2009 hatte ein Maskierter dort mit einer Pistole die Mitarbeiterin der Nachtschicht bedroht und die Herausgabe von 1000 Euro erzwungen, wie ein Sprecher der Staatsanwaltschaft sagte.

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Einige Zeit später will die Zeugin den Täter dann wiedererkannt haben, als er als Kunde in den Tankstellenshop kam. Sie alarmierte daraufhin die Polizei, die den Halter des Ford Transits ermittelte, mit dem der Verdächtige davongefahren war: Metodi G. Weil sich aber dessen Aufenthaltsort nicht ermitteln ließ, stellten die Behörden das Verfahren erst einmal ein.

Video: Endstation Rosenheim Bundespolizei vs. Schleuser

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Unterste Ebene im Schlepperring

Auch G.s mutmaßlicher Mittäter im Fall des österreichischen Todestransporters, der Afghane Samsooryamal L., hielt sich schon einmal in Deutschland auf. So erfasste das Kommissariat 54 der Bremer Polizei die Daten des heute 28-Jährigen, weil er illegal in Deutschland gewesen war. Die Beamten notierten seinerzeit, L. spreche kein Deutsch, sei aber des Englischen mächtig. Zudem führte er ein in Ungarn ausgestelltes Identitätspapier mit sich.

Die beiden Männer sollen gemeinsam mit den Bulgaren Tsvetan T., 32, und Kassim S., 50, sowie einem weiteren Landsmann die unterste Ebene des internationalen Schlepperrings bilden, der nach Auffassung der Ermittler für den Tod von 71 Menschen verantwortlich ist. Die Leichen der 59 Männer, 8 Frauen und 4 Kinder waren am Donnerstag auf der Ladefläche eines Lastwagens an der Autobahn 4 im österreichischen Burgenland entdeckt worden. Der Lkw war mit einem ungarischen Kennzeichen und dem Logo eines slowakischen Geflügelhändlers unterwegs.

Die Ermittler gehen davon aus, dass es sich bei den Todesopfern um Bürgerkriegsflüchtlinge aus Syrien handelt. Bislang sind sie nicht identifiziert.

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