Forsa-Zahlen Grüne holen in Umfrage erstmals SPD ein

Politiker Trittin, Gabriel (im Mai am Brandenburger Tor): Absolute Mehrheit für Rot-Grün
Foto: DPAHamburg - Dramatische Veränderung bei den Wählern in Deutschland: Die Grünen haben laut einer Forsa-Umfrage für RTL und "Stern" die SPD eingeholt. Beide kommen demnach zurzeit auf 24 Prozent. Wäre jetzt Wahl, wäre damit eine rot-grüne Koalition möglich, denn Sozialdemokraten und Grüne hätten zusammen eine absolute Mehrheit im Bundestag.
Die Grünen kletterten im Vergleich zur Vorwoche um weitere 2 Prozentpunkte auf ein neues Rekordhoch von 24 Prozent. Seit der Wahl vor einem Jahr, als sie 10,7 Prozent errangen, hat sich ihr Wert damit mehr als verdoppelt. Die SPD erhält wie in der Vorwoche 24 Prozent und liegt damit in etwa auf dem Niveau ihres Wahlergebnisses von 23 Prozent vor einem Jahr. Für die Linke würden sich zehn Prozent der Wähler entscheiden, ein Punkt weniger als in der Vorwoche. 2009 hatte sie 11,9 Prozent geholt.
Ganz anders dagegen Union und FDP: Sie haben seit der Bundestagswahl vor einem Jahr bei den Wählern deutlich an Vertrauen verloren. Für die Union würden jetzt 29 Prozent stimmen, ein Punkt weniger als in der Vorwoche. CDU und CSU liegen damit fast fünf Punkte unter ihrem schon mageren Resultat von 33,8 Prozent vor einem Jahr.
Noch schlimmer erwischt es aber die FDP: Zum dritten Mal in Folge kommen die Liberalen nur auf fünf Prozent. Seit der Wahl vor einem Jahr, als sie mit einem Rekordergebnis von 14,6 Prozent triumphierte, hat die Partei von Guido Westerwelle zwei Drittel ihrer Wähler verloren. Bei sonstigen Parteien würden acht Prozent der Wähler ihr Kreuzchen machen.
Mit zusammen 48 Prozent liegen SPD und Grüne 14 Punkte vor Union und FDP (gemeinsam 34 Prozent). Insgesamt hat die Opposition aus SPD, Grünen und Linken mit 58 Prozent sogar einen Vorsprung von 24 Prozentpunkten vor dem Regierungslager.
Trittin: Wir sind Merkels Hauptgegner und wollen Ministerpräsidenten stellen
Mit seinem strikten Anti-Atom-Kurs würde SPD-Chef Sigmar Gabriel die Wähler zu den Grünen treiben, sagte Forsa-Chef Manfred Güllner: "Er verbrüdert sich mit ihnen gegen Atomenergie. Da gehen viele derjenigen SPD-Anhänger, die gegen Kernkraft sind, lieber gleich zum Original."
Die "wirklichen Probleme" der SPD-Wähler seien sichere Arbeitsplätze und Renten, vernünftige Bildungspolitik, Abbau der Staatsverschuldung, Bekämpfung der Armut, Angehen der Ausländerproblematik. "Das alles ist auch den zehn Millionen Wählern, die seit 1998 von der SPD abgewandert sind, viel wichtiger als die Kernenergie", so Güllner.
Bei einer Allensbach-Umfrage setzten die Grünen ihren Höhenflug ebenfalls fort, aber nicht auf so hohem Niveau. Sie kamen bei der Erhebung für die "Frankfurter Allgemeine Zeitung" auf 18,5 Prozent und legten damit im Vergleich zum Vormonat 1,5 Prozentpunkte zu. Die Union verbesserte sich ebenfalls um 1,5 Prozentpunkte auf 32,5 Prozent. Die SPD verlor dagegen 2,5 Punkte und erreichte 29,5 Prozent. Die FDP verbesserte sich leicht auf 6,5 Prozent (plus 0,5 Punkte). Die Linkspartei lag bei acht Prozent (minus 0,5 Punkte).
Grünen-Fraktionschef Jürgen Trittin zeigt schon neues Selbstvertrauen: Im nächsten Bundestagswahlkampf würden sich nicht mehr CDU und SPD als Hauptgegner gegenüberstehen, sondern CDU und Grüne, sagte er. Er habe "mit Interesse" zur Kenntnis genommen, dass CDU-Chefin Angela Merkel die Grünen von Atom bis Stuttgart 21 als ihren eigentlichen Gegner sehe, sagte Trittin der "Rheinischen Post". "Diese Herausforderung nehmen wir gerne an", fügte er hinzu.
Es gebe in Deutschland derzeit eine klare Alternative in der Energiepolitik. "Das eine Modell ist von der CDU und steht für Atom, das andere ist von den Grünen und steht für erneuerbare Energien", sagte Trittin. Sollten die Grünen bei künftigen Wahlen, etwa in Berlin oder Baden-Württemberg, mehr Stimmen bekommen als die SPD, beantworte sich die Führungsfrage von selbst. "Bis zur Wahl gibt es einen sportiven Wettbewerb, dann guckt man, ob man eine Basis für eine gemeinsame Regierung hat, und dann stellt der Stärkere den Regierungschef, so einfach ist das", erklärte Trittin.
Eine SPD, die in Berlin unter den CDU-Politikern Eberhard Diepgen und Klaus Landowsky mitregiert habe, könne keine ernsthaften Probleme haben, unter Grünen-Politikern wie Ramona Popp und Volker Ratzmann mitzuregieren.