Familienministerin Giffey darf Titel behalten Frau Dr. Hoffnung

Erleichterung in der SPD: Familienministerin Franziska Giffey kommt in der Plagiatsaffäre mit einer Rüge davon. Das Rennen um den Parteivorsitz läuft ohne sie - für Giffey und die Partei muss das kein Nachteil sein.
Franziska Giffey: "Ich werde bei dieser Entscheidung bleiben"

Franziska Giffey: "Ich werde bei dieser Entscheidung bleiben"

Foto: Fabian Sommer/DPA

Es gibt sie also noch, die guten Nachrichten für die SPD. Am Mittwochabend war es mal wieder so weit: Die krisengeschüttelte Partei verliert nicht noch eine Hoffnungsträgerin, Familienministerin Franziska Giffey darf ihren Doktortitel behalten. Im Falle eines Verlusts des akademischen Grades hätte die Sozialdemokratin ihr Amt aufgegeben.

Das Präsidium der Freien Universität Berlin beließ es in der Plagiatsaffäre aber bei einer Rüge. Die Dissertation enthalte zwar Mängel, diese rechtfertigten aber nicht die Entziehung des Doktorgrades. (Lesen Sie hier einen Kommentar zum Verfahren.)

In der Partei ist die Erleichterung groß. Er sei begeistert von der Entscheidung, sagte der Chef des konservativen Seeheimer Kreises, Johannes Kahrs, dem Redaktionsnetzwerk Deutschland. SPD-Vizechef Ralf Stegner ergänzte, er freue sich für Giffey, "dass diese leidige Angelegenheit endlich ausgestanden ist". Und Gesundheitsexperte Karl Lauterbach nannte Giffey auf Twitter "eines unserer größten Talente". Giffey werde in der SPD dringend gebraucht, "weil sie eine sehr gute Arbeit macht".

Giffey genießt in der SPD breite Unterstützung

Die Genossen haben seit Jahren ein Führungs- und Nachwuchsproblem. Mangelnde Förderung, die Zerrissenheit der Partei und eine Serie an Wahlniederlagen - zuletzt in Thüringen - haben dazu geführt, dass die SPD kaum noch Hoffnungsträger hat. Franziska Giffey, 41, ist eine der wenigen jüngeren Frauen, die in der Partei breite Unterstützung genießen, im rechten wie im linken Flügel geschätzt werden. Sie ist erst im Frühjahr 2018 in die Bundespolitik gegangen und zählt dennoch zu den Beliebteren in Angela Merkels GroKo-Kabinett.

Für eine Kandidatur Giffeys für den SPD-Vorsitz kam die Entscheidung der FU zu spät - auch wenn der Bundestagsabgeordnete Axel Schäfer in der "Süddeutschen Zeitung" prompt vorschlug, dass Klara Geywitz doch verzichten und Giffey zusammen mit Olaf Scholz kandidieren könne. Das allerdings würde das langwierige Verfahren der SPD zur Suche einer neuen Parteispitze ad absurdum führen und die Kandidatin an Scholz' Seite zum schmückenden Beiwerk machen. Der Vorschlag zeige eher, was manche Genossen für ein Frauenbild hätten, hieß es in der Partei.

Giffey beeilte sich bei einem Auftritt in Mainz, die Spekulationen zu beenden. Sie habe sich am Anfang des Verfahrens entschieden, nicht anzutreten, sagte die Familienministerin: "Und zum jetzigen Zeitpunkt des Verfahrens kann ich Ihnen sagen, werde ich auch bei dieser Entscheidung bleiben."

Wirkung über die Partei hinaus - aber in der SPD kaum verwurzelt

Ihr Bild als Hoffnungsträgerin der Partei hatte während der monatelangen Prüfung durch die Universität Risse bekommen. Sie selbst betonte immer wieder, sie habe die Arbeit nach bestem Wissen und Gewissen geschrieben. Giffey schien von den Vorwürfen, die zuerst von der Internetplattform VroniPlag veröffentlicht worden waren, ehrlich überrascht.

Obwohl Giffey nach Andrea Nahles' Rücktritt als Parteivorsitzende im Sommer offenbar noch mit einer Kandidatur geliebäugelt hatte, muss die jetzige Situation kein Nachteil für sie sein. Giffey wirkt zwar über ihre Partei hinaus, ist in der SPD aber kaum verwurzelt.

Als Vorsitzende hätte sie sich in die Tiefen einer kriselnden, tief verunsicherten Organisation begeben müssen, in die Auseinandersetzung mit den verschiedenen Interessengruppen der Partei. Giffeys Stärken liegen in anderen Feldern, sagen Parteifreunde, beim Gespräch mit dem Bürger. Sie kann übersetzen, was komplexe Gesetzesarbeit für den Einzelnen bedeutet.

Kommt zur nächsten Bundestagswahl die SPD-Spitzenkandidatin Giffey?

Das zeigte sich etwa bei ihrer ersten Sommerreise als Ministerin, im August des vergangenen Jahres. Giffey war zu Gast in Frankfurt am Main und hielt eine kurze Ansprache auf dem Platz vor dem Historischen Museum. "Für alle Bürgerinnen und Bürger auf dem Platz, kommen Sie ran, das ist hier auch für Sie!", rief Giffey. "Das ist keine Closed-Shop-Veranstaltung!" Ob denn normale Bürgerinnen und Bürger da seien? "Wunderbar", sagte Giffey, als ein paar Hände nach oben gingen: "Kommen Sie ruhig ein bisschen nach vorn."

Ihre Art verfängt, auf viele Bürger wirkt sie authentisch, nicht hochnäsig. Sie hat eine einfache und klare Sprache, wenn sie redet, hört man den brandenburgischen Einschlag heraus. Giffey versteht es, Menschen ein Gefühl der Nähe zu vermitteln - selbst wenn Kameras alles aufzeichnen und Journalisten eifrig mitschreiben. Nicht nur im Gespräch mit Bürgern, auch vor intellektuellem Publikum kommt sie an.

Gehandelt wird Giffey in der SPD schon länger als mögliche Nachfolgerin von Berlins Regierendem Bürgermeister Michael Müller. Doch auch der ganz große Karrieresprung scheint nicht völlig abwegig. In der Partei heißt es, die Vorsitzendenwahl sei nicht zwangsläufig eine Vorentscheidung über die Spitzenkandidatur bei der nächsten Bundestagswahl.

Auch Giffey werden Chancen eingeräumt.

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