Abstimmung im Abgeordnetenhaus Franziska Giffey zur Bürgermeisterin in Berlin gewählt

Franziska Giffey, Berlins neue Regierende Bürgermeisterin
Foto: Emmanuele Contini / IMAGODie frühere Bundesfamilienministerin Franziska Giffey (SPD) ist rund drei Monate nach der Wahl zur neuen Regierenden Bürgermeisterin von Berlin gewählt worden. Bei der Abstimmung im Abgeordnetenhaus erhielt die Landeschefin der Sozialdemokraten im ersten Wahlgang die erforderliche Mehrheit.
Wie Parlamentspräsident Dennis Buchner (SPD) mitteilte, stimmten 84 Abgeordnete für Giffey, 52 gegen sie und zwei enthielten sich. Die Politikerin benötigte für ihre Wahl zur Regierungschefin mindestens 74 Stimmen; die Koalition aus SPD, Grünen und Linken hat zusammen 92 Abgeordnete.
Vor der Wahl von Giffey hatten SPD, Grüne und Linke den Koalitionsvertrag unterzeichnet. Die Sozialdemokraten hatten die Abgeordnetenhauswahl am 26. September klar vor den Grünen und der CDU gewonnen, die Linke belegte Platz vier. Anschließend sondierte die SPD auch mit CDU und FDP, sprach sich letztlich aber für eine Neuauflage des Bündnisses mit Grünen und Linkspartei aus. Die drei Parteien regieren in Berlin bereits seit 2016 gemeinsam.
Giffey (lesen Sie hier ein Porträt ) löst ihren Parteifreund Michael Müller ab, der nach sieben Jahren im Roten Rathaus nicht mehr angetreten war und in den Bundestag gewechselt ist.
Die SPD stellt neben der Regierungschefin vier Senatoren, Grüne und Linke je drei. Mit sieben Frauen und vier Männern ist der Senat so weiblich wie noch nie. Am Nachmittag will sich das Regierungsteam zur ersten Sitzung treffen.
Nicht die erste Chefin von Berlin
Mit Giffey bekommt Berlin nun erstmals eine Regierende Bürgermeisterin – und zum ersten Mal seit der Wiedervereinigung ein aus der DDR stammendes Stadtoberhaupt. Allerdings ist Giffey nicht die erste Frau, die die Geschicke der Stadt leitet. Denn 1947/1948 amtierte die SPD-Politikerin Louise Schroeder kommissarisch als Oberbürgermeisterin im Nachkriegs-Berlin.
Giffey stieg innerhalb weniger Jahre von der Bildungsstadträtin im Berliner Multi-Kulti-Bezirk Neukölln über das Amt der Bezirksbürgermeisterin zur Bundesfamilienministerin auf. Im Mai trat Giffey im Zuge einer Plagiatsaffäre, die sie den Doktortitel kostete, als Ministerin zurück. Als Spitzenkandidatin bei der Abgeordnetenhauswahl fuhr Giffey zwar mit nur 21,4 Prozent das historisch schlechteste Ergebnis für die Berliner Sozialdemokraten ein. Gleichzeitig sicherte sie der SPD aber den Wahlsieg vor Grünen, CDU, Linken, AfD und FDP.
Das Regierungsprogramm der rot-grün-roten Koalition umfasst eine lange Liste gemeinsamer Vorhaben. Sie reicht vom Ausbau des Öffentlichen Personennahverkehrs (ÖPNV) über mehr Anstrengungen für den Klimaschutz und 20.000 neue Wohnungen pro Jahr bis hin zu einer bürgerfreundlicheren Verwaltung und mehr Videoüberwachung von Orten mit viel Kriminalität.
Als schwieriges Thema hat sich schon vor dem Start der Regierung der Umgang mit einem Volksentscheid erwiesen. Parallel zur Bundestags- und zur Abgeordnetenhauswahl hatten 57,6 Prozent der Wähler – mehr als eine Million Berlinerinnen und Berliner – für eine Enteignung von Wohnungskonzernen mit mehr als 3000 Wohnungen in Berlin gestimmt. Sie sehen eine solche Vergesellschaftung gegen Entschädigung als Mittel, um den Anstieg der Mieten zu stoppen.