Frauen in der Außenpolitik Nennen wir es nicht Feminismus

Demonstration am internationalen Frauentag
Foto: Carsten Koall/ Getty ImagesIm Bundestag bilden sich gerade zwei Frauenrunden. Die erste diskutiert seit Anfang des Jahres über Parität im Bundestag. Sie fordert: Frauen in die Parlamente! Nun treffen sich Frauen im Bundestag zum ersten Mal mit dem Ziel: Mehr Frauen in die Botschaften!
Daniela De Ridder (SPD), stellvertretende Vorsitzende des Auswärtigen Ausschusses, will mit ihren Kolleginnen anderer Parteien dafür sorgen, dass es mehr Frauen in außenpolitischen Positionen gibt: Das heißt: mehr Frauen im Auswärtigen Ausschuss, mehr Frauen in Friedensverhandlungen, mehr Frauen im diplomatischen Dienst. Zum Beispiel durch eine bessere Vereinbarkeit von Familie und Beruf.
Rund 30 Frauen sind ihrem Aufruf gefolgt. Darunter Barbara Hendricks und Bärbel Kofler von der SPD, Claudia Roth und Agnieszka Brugger von den Grünen, Elisabeth Motschmann, Ursula Groden-Kranich und Gisela Manderla von der CDU, Renata Alt und Gyde Jensen von der FDP.
Gemeinsam wollen sie an diesen Zielen arbeiten. De Ridder will sich berichten lassen aus den Ländern, in denen Frauenrechte noch nicht ausreichend respektiert werden. Sie will dafür sorgen, dass "Gender-Reporting" etwas "ganz Natürliches" wird, sagt De Ridder.
Schwerpunkt im Sicherheitsrat: "Frauen, Frieden, Sicherheit"
Seit Januar hat Deutschland wieder einen Sitz im Sicherheitsrat der Vereinten Nationen. "Frauen, Frieden, Sicherheit", lautet der thematische Schwerpunkt der deutschen Mitgliedschaft in den kommenden zwei Jahren.
Die Grünen wollen in dieser Zeit die Frauenrechte stärken und brachten deshalb einen Antrag ein: Am 22. Februar forderten sie im Bundestag eine feministische Außenpolitik, wie es sie in Schweden bereits gibt. Die dortige Außenministerin Margot Wallström hat sogar eine Leitlinie zur politischen Teilhabe von Frauen veröffentlicht. Schweden hat die weiblichste Regierung der EU.
Brugger: "Feminismus ist kein Nischenthema mehr"
Der Antrag der Grünen wurde abgelehnt. Der Grünenabgeordneten Agnieszka Brugger hat die Debatte aber gezeigt: "Feminismus ist kein Nischenthema mehr, deshalb kommen Frauen und Feminismus auch in den Instastories des Auswärtigen Amts vor". Das reiche natürlich noch nicht. Frauen müssten auch am Tisch sitzen, wenn mit den Taliban verhandelt werde. Auch sie schaut sich deshalb gern die Frauenrunde zum Thema an.
De Ridder will in der Runde weitermachen. Als stellvertretende Leiterin der Auswärtigen Ausschusses hat auch sie erlebt, wie schwierig es ist, gehört zu werden in einem Bereich, der immer noch von Männern dominiert sei. "Ich habe mir angewöhnt, mit einer besonders dunklen Stimme zu sprechen", sagt sie. Nie lasse sie Zweifel an ihrer guten Vorbereitung aufkommen.
Auch sie hatte im Bundestag wie viele ihrer Kolleginnen mit Nachdruck über das Thema feministische Außenpolitik gesprochen: "Wo Menschenrechte missachtet werden, sind es vor allem immer Frauen, die mit Füßen getreten werden", rief sie ihren Kollegen und Kolleginnen entgegen. Frauen hätten für Themen wie Genitalbeschneidung und Massenvergewaltigung als Kriegswaffe eine andere Sensibilität.
Immer wieder verwiesen die Rednerinnen auf eine Studie der Vereinten Nationen, die besagt, dass die Wahrscheinlichkeit, dass ein Friedensabkommen mindestens 15 Jahre hält, um 35 Prozent steigt, wenn Frauen an dem Prozess beteiligt waren. Sie betonten, dass nur 20 Botschafterinnen für Deutschland arbeiten neben 120 Botschaftern, dass im Auswärtigen Ausschuss des Bundestags nur zwölf Frauen sitzen, dafür aber 33 Männer.
Reizwort: "Feminismus"
In der Debatte zeigte sich aber auch ein Tabu: das Wort "Feminismus". Renata Alt, die als Bundestagsabgeordnete für die FDP im Auswärtigen Ausschuss sitzt, betonte, dass dieses Beiwort für ihre Partei nicht infrage komme. Auch die CDU lehnte den Antrag der Grünen ab. Doch CDU-Abgeordnete Elisabeth Motschmann sprach sich deutlich für den Feminismus aus: "Zu Beginn meiner politischen Arbeit hätte ich alle Probleme mit dem Wort Feminismus gehabt. Wenn es aber um die Rechte, die Teilhabe von Frauen in allen Bereichen unserer Gesellschaft geht", fuhr sie fort, dann habe sie heute kein Problem mehr damit.
Nicht alle bei der FDP denken so: "Ich bin Feministin", sagte etwa Gyde Jensen, Vorsitzende des Ausschusses für Menschenrechte, in ihrer Rede zum Frauentag. Sie freut sich, neben der Frauenrunde, die mehr Frauen in die Parlamente holen will, auch in der "Runde für eine gleichstellungsorientierte Außenpolitik" dabei zu sein. Für diesen Titel hatte sich De Ridder letztlich entschieden. Sicherheitshalber wollte die SPD-Abgeordnete das Reizwort "Feminismus" aussparen. Schließlich sollen alle dabei sein.
Am liebsten auch die Männer.