Ministerin gibt Druck nach Schwesig schwächt Frauenquote ab

Manuela Schwesig (SPD): Dem Druck nicht standgehalten
Foto: Adam Berry/ Getty ImagesBerlin - "Keine Ausnahmen, für niemanden", lautete das Credo der Bundesfrauenministerin, wenn man sie auf die Frauenquote ansprach. Die Wirtschaft solle sich nicht so anstellen. Den Widerstand, den müsse man aushalten, sagte sie kämpferisch. Es ginge schließlich um "drei Dinge: Macht, Geld und Einfluss", und daran sollten auch die Frauen teilhaben.
Manuela Schwesig hat dem Druck nicht standgehalten. Der Referentenentwurf, den sie und Bundesjustizminister Heiko Maas, beide SPD, am Dienstag an die Länder, die Verbände und die obersten Gerichtshöfe verschickten, bleibt an mindestens drei Stellen hinter dem zurück, was sie öffentlich ankündigten.
Zwar bleibt es bei einer festen Quote von 30 Prozent der Plätze in Aufsichtsräten und Vorständen der rund hundert börsennotierten und voll mitbestimmungspflichtigen Unternehmen Deutschlands, die an Frauen gehen müssen. Auch bleibt es bei einer flexiblen Quote für circa 3500 weitere große Unternehmen ab 2016. Ebenso müssen Bundesbehörden und Unternehmen im öffentlichen Eigentum demnächst bei ihren Stellenbesetzung auf Geschlechterparität achten.
Doch ursprünglich war angedacht, dass jedes Unternehmen mindestens einen zusätzlichen Vertreter des Geschlechts in den Vorstand aufnehmen sollte, das bislang unterrepräsentiert war. Dies wäre im Normalfall eine Frau. Die Forderung ist im Entwurf, der SPIEGEL ONLINE vorliegt, allerdings nicht mehr zu finden.
Eine Frauenministerin namens Merkel hatte die Quote eingeführt
"Wenn wir darauf beharrt hätten, dann hätten wir von kleineren Unternehmen, die zum Beispiel nur zwei oder drei Vorstandsmitglieder haben, mehr verlangt als von den großen Konzernen, und das wäre ungerecht gewesen", sagte Schwesig.
Auch bei den Gleichstellungsbeauftragten gab Schwesig nach. Deren Zahl hatte sie deutlich erhöhen wollen. Doch in der Ressortabstimmung hatte das selbst bei Quotenbefürwortern wie Ursula von der Leyen reichlich Ärger ausgelöst. So berechnete ihr Verteidigungsministerium, dass man nach dem Entwurf die Stellen von 100 auf 200 verdoppeln müsste . Die Deutsche Bahn sprach sogar von 960 neuen Stellen, wenn man ihre Tochterfirmen mit einbezieht.
Die CDU-geführten Ressorts waren außerdem mit ihrer Kritik an der Neufassung des sogenannten Bundesgremienbesetzungsgesetzes erfolgreich. Eigentlich gilt schon seit 1994 eine 50-Prozent-Quote für alle Posten in Behörden und Unternehmen, bei denen der Bund bei der Stellenbesetzung mitredet, etwa bei der Deutschen Energie-Agentur oder der Deutschen Bahn. Frauenministerin Angela Merkel hatte die strenge Quote vor zwanzig Jahren eingeführt.
Das Manko: Es gab bislang keine Sanktionen. Schwesig wollte das ändern, zumindest eine Berichtspflicht einführen. Die Unionsminister liefen Sturm - mit Erfolg: Zwar müssen sie berichten, doch ab 2016 gilt nur eine 30-Prozent-Quote. Vage heißt es im Entwurf, dass es "das Ziel" sei, sie 2018 auf 50 Prozent zu erhöhen.
Schwesig spricht nun von "kleinen Veränderungen". Die Opposition sieht das anders. Zwar ist es nicht unüblich, dass Referentenentwürfe noch umgeschrieben werden. Der jetzt vorgelegte Entwurf sei jedoch nur ein Minimalkompromiss, lautet der Vorwurf.
Im Wahlkampf hatte die SPD noch für eine 40-Prozent-Quote geworben, davon sei kaum noch etwas übrig. Die frauenpolitische Sprecherin der Grünen, Ulle Schauws, beispielsweise kritisiert das "Mauscheln" in der Großen Koalition und das "erneute Aufweichen".
Schon zuvor hatte sich immer wieder der Zeitplan verschoben - und zwar nicht nur durch Druck aus der Wirtschaft. Parteichef Sigmar Gabriel erteilte Schwesig vor allen Kollegen eine Abfuhr, die Gewerkschaften meckerten an dem Konzept herum. Zuletzt stellten sich die CDU-geführten Ministerien quer. Schwesig halte sich nicht an den Koalitionsvertrag, wolle zu viel.
Nun dürfen noch die Länder, die Sozial- und nicht zuletzt die Wirtschaftsverbände Stellung nehmen. Bis 7. Oktober haben sie Zeit, von Kritik ist auszugehen. Da wird es auch nicht helfen, im Gesetzestext nur vom "unterrepräsentierten Geschlecht" zu sprechen. Unternehmen oder Behörden, in denen Frauen überrepräsentiert sind, gebe es nun einmal kaum, lästert ein Wirtschaftsvertreter.