Streit um AfD-Spitzenkandidatur Frontalangriff auf Frauke Petry

Frauke Petry
Foto: Uwe Anspach/ dpaMonatelang wurde das heikle Thema in der AfD immer wieder vertagt: Wer soll die Partei in den Bundestagswahlkampf führen? Eine alleinige Spitzenkandidatur von Frauke Petry wollen führende Mitglieder verhindern. Die Vorstandssprecherin, die sich mit Jörg Meuthen den Spitzenposten gleichberechtigt teilt, spreche sich nicht ab, betreibe ihre eigene Agenda, so lauten einige der Vorwürfe hinter vorgehaltener Hand.
Nun könnte der Zwist offen ausbrechen. Denn für die Sitzung des Bundesvorstands am Freitag liegt ein Antrag vor, der auf den ersten Blick harmlos klingt: "Mehrfachspitze Bundestagswahl". Doch dahinter verbirgt sich ein Frontalangriff auf Frauke Petry. Denn sie soll nicht das alleinige Gesicht der AfD im Wahlkampf werden, zumindest nicht nach dem Willen mehrerer Bundesvorstandskollegen. In dem Papier werden "mindestens drei Führungspersonen der AfD" verlangt, die die Partei in den Bundestag bringen sollen. Den Antrag brachte der AfD-Fraktionschef im Landtag von Sachsen-Anhalt, André Poggenburg, auf die Tagesordnung des Bundesvorstands.
Nach Angaben aus AfD-Kreisen zeigen Parteivize Alexander Gauland (Brandenburg) und die Vorstandsmitglieder Armin-Paul Hampel (Niedersachsen) und Georg Pazderski (Berlin) große Sympathie für das Vorhaben. Auch mit einer Zustimmung von Petrys Ko-Chef Jörg Meuthen aus Baden-Württemberg ist zu rechnen - er liegt seit Längerem mit Petry über Kreuz.

AfD-Politiker Petry, Meuthen (r.) und Pazderski
Foto: Bernd von Jutrczenka/ dpaNachdem Meuthen kürzlich bekannt gab, nicht für die Bundestagswahl kandidieren zu wollen, sah es so aus, als sei Petrys Durchmarsch als Spitzenkandidatin nicht mehr aufzuhalten. Dem wollen ihre Widersacher nun offenbar einen Riegel vorschieben. Sollte der Bundesvorstand dem Antrag tatsächlich folgen, könnte Petry ihn allerdings noch stoppen und zwar auf dem Bundeskonvent, einem kleinen Parteitag, der am Samstag in Bad Wildungen tagt. Die Delegierten könnten bei der Zusammenkunft im westlichen Nordhessen die Entscheidung des Spitzengremiums wieder kassieren.
Streit um rechten Parteiflügel
Ohnehin dürfte es auf dem Konvent turbulent zugehen. Eine Frage dürfte dabei besonders brisant sein: Soll die Bundespartei dem Landesverband aus dem Saarland finanziell unter die Arme greifen? Am 26. März wird an der Saar ein neuer Landtag gewählt, doch der Landesverband macht zumindest Teilen der AfD-Bundesspitze Sorgen. Monatelang hatten Petry und Meuthen versucht, den Landesverband wegen mutmaßlich rechtsextremer Kontakte auflösen zu lassen. Den Saar-Vorsitzenden Josef Dörr und dessen Stellvertreter Lutz Hecker wurde in einem internen Bericht im Auftrag des Bundesvorstands vorgehalten, Beziehungen zum NPD-Milieu unterhalten zu haben. Zudem ermittelt seit Kurzem die Saarbrücker Staatsanwaltschaft gegen den Saar-Spitzenkandidaten Rudolf Müller, weil dieser in seinem Geschäft mit NS-Militaria gehandelt haben soll.
Doch dann durchkreuzte vor zwei Wochen die Südkammer des AfD-Bundesschiedsgerichts die Pläne der Parteispitze: Der Landesverband wird nicht aufgelöst. Zwar habe man, so das Parteigericht, den Vorwürfen gegen die Saar-Führung zum Teil Glauben geschenkt, eine Auflösung sei aber "unverhältnismäßig".
Die Partei steckt nun in der Klemme. Zumal der rechte Flügel um den Thüringer AfD-Landes- und Fraktionschef Björn Höcke dafür plädiert, dass der Bundeskonvent den Parteimitgliedern aus dem Saarland zur Seite steht. In einem Brief an "liebe Konventsdelegierte" schreibt er: "Ein Weiterbetreiben der Causa Saarland durch die Parteiexekutive oder Parteilegislative würde der befriedenden Wirkmacht des Bundesschiedsgerichts schweren Schaden zufügen." Auch wenn man in dieser Angelegenheit anderer Meinung sei, "möchte ich dafür plädieren, dieses Urteil zu akzeptieren", heißt es in dem Brief.
Höcke drängt auf Geschlossenheit
Im pathetischen Unterton fordert Höcke die AfD zur Geschlossenheit auf: "In einer Zeit, in der es um Wohl und Wehe unseres bedrohten Vaterlands geht und sich unsere AfD als einzig relevante Kraft des Bewahrenden gegen die vereinten Kräfte der Auflösung stemmt, darf keine weitere Arbeitskraft in die innerparteiliche Auseinandersetzung mit dem Landesverband Saarland investiert werden." Die Saar-AfD müsse daher "in die Gesamtstrategie der Bundespartei integriert und eine den Gleichbehandlungsgrundsatz achtende Finanzausstattung dieses wahlkampfführenden Landesverbands sichergestellt werden".
Genau das will auch die Saar-AfD. Im September hatte der Saar-AfD-Chef Dörr für den Wahlkampf in seinem Bundesland rund 140.000 Euro angesetzt. Rund 90.000 sollten von der Bundespartei kommen, ein Drittel als Zuschuss, zwei Drittel als Darlehen. Zugleich hatte er angekündigt, auf dem Konvent im November einen Antrag auf Wahlkampfkostenhilfe zu stellen.