Freie Wähler in Brandenburg Die heimlichen Gewinner

Spitzenkandidat Péter Vida hat in Brandenburg mit den Freien Wählern die fünf Prozent geknackt
Foto: Monika Skolimowska / DPAAn mehr als 3000 Haustüren hat Péter Vida im Wahlkampf geklingelt, um für sich und seine Partei zu werben. Es hat sich gelohnt.
Der Spitzenkandidat der Freien Wähler zieht mit seiner Partei in Fraktionsstärke in Brandenburgs Landtag ein. Zudem gewinnt er selbst in seinem Barnimer Wahlkreis das Direktmandat und sticht dabei die SPD-Kandidatin und bisherige Landtagspräsidentin Britta Stark aus.
Für die Freien Wähler ist das Ergebnis bei den Landtagswahlen in Brandenburg ein historischer Erfolg. So stark war die Kleinpartei seit ihrer Gründung im Jahr 2008 noch nie. Noch vor der Wahl hatten die meisten Umfrageinstitute die Freien Wähler knapp unter fünf Prozent gesehen. Am Wahltag aber legten sie eine Punktlandung hin und werden zukünftig mit fünf Abgeordneten im Landtag vertreten sein.
Parlamentsneulinge sind die Freien Wähler aber nicht: Tatsächlich sind sie schon seit 2014 im Landtag vertreten. Zwar bekamen die BVB/FW vor fünf Jahren nur 2,7 Prozent der Stimmen. Allerdings gewann ein Wahlkreisbewerber ein Direktmandat, und die sogenannte Grundmandatsklausel garantiert einer Partei in Brandenburg in diesem Fall Parlamentssitze entsprechend ihrem Zweitstimmenanteil - auch wenn dieser unter fünf Prozent liegt.
2,7 Prozent bedeuteten drei Sitze. Doch die Gruppe zerstritt sich, übrig blieb Péter Vida, heute Chef der Freien Wähler. Er hoffte auch diesmal auf die Grundmandatsklausel - doch die braucht es nun gar nicht.
Abgeordnete vorher bei CDU und SPD aktiv
Doch wer genau verbirgt sich eigentlich hinter den "Brandenburger Vereinigten Bürgerbewegungen/Freie Wähler" (BVB/Freie Wähler), wie die Gruppierung mit vollem Namen heißt?
Ähnlich wie in anderen Bundesländern verstehen sich die Freien Wähler in Brandenburg nicht als klassische Partei mit ideologischem Überbau, sondern als Sammlung lokaler Initiativen und Gruppen. Die Brandenburger Freien Wähler wirken liberaler als beispielsweise ihre Kollegen in Bayern, die dort mit der CSU in einer konservativ-bürgerlichen Koalition regieren.
Doch wie in Bayern verfolgt die Partei auch in Brandenburg keine einheitliche politische Linie. So fordern die Freien Wähler in ihrem Wahlprogramm zum Beispiel kostenlose Kitas und mehr Unterstützung für Geflüchtete bei der Integration, sind aber ebenso für einen Stopp beim Ausbau von Windrädern und verdachtsunabhängige Polizeikontrollen. Parteichef Vida gibt als Motto vor: "Inhalte statt Ideologie."
Partei mit ideologischer Flexibilität
Dank dieser Flexibilität sind die Freien Wähler ein Sammelbecken für die verschiedensten Überzeugungen und Hintergründe. Drei der fünf Abgeordneten, die nun für die Freien Wähler in den Landtag einziehen, waren vorher in anderen Parteien aktiv: Péter Vida und Matthias Stefke bei der CDU, Philipp Zeschmann war früher Vorsitzender der SPD in Schöneiche.
Auch die Wählerschaft ist heterogen: Eine Analyse zur Wählerwanderung zeigt, dass die Freien Wähler im Vergleich zur Wahl vor fünf Jahren von allen anderen Parteien Stimmen dazu gewinnen konnten. Zudem hat die Partei nach der AfD den zweitgrößten Anteil an Stimmen von ehemaligen Nichtwählern akquiriert.
Vida führt die Stimmenzugewinne vor allem auf die lokale Verankerung der Freien Wähler zurück: "Im Gegensatz zu den anderen Parteien nehmen wir auch kleine, kommunale Themen in unsere Arbeit mit auf." Zudem seien bei den Freien Wählern die Kommunikationswege kürzer. Er selbst sehe sich vorrangig als "Sprachrohr" für kommunale Interessen, sagt Vida.
Am Wahlabend war die Freude beim Parteichef groß. All die Veranstaltungen, die Gespräche an den Haustüren und die Masse an Plakaten haben sich am Ende gelohnt. Es sei ein phänomenales Ergebnis, schwärmte Vida. "Ich glaube, so einen Abend wie heute hat man nur selten im Leben."
Im Licht der TV-Kameras wirkte er ein wenig atemlos und nervös. Vor den Wahlen hatten die Freien Wähler noch mit dem RBB gestritten, weil der Sender Vida nicht zum Fernsehduell der Brandenburger Spitzenkandidaten einladen wollte. Nur die Parteien mit den größten Einzugschancen sollten damals teilnehmen.
Nach der Wahl durfte sich nun auch Vida in die Runde der Spitzenkandidaten einreihen. Aus seinen Worten sprach Genugtuung: "Diesen Erfolg haben uns viele nicht zugetraut."