Kehrtwende bei Corona-Isolationspflicht Merz kritisiert Lauterbachs Politik als »kurzatmig«

Ein zuvor angekündigtes Ende der Isolationspflicht für Coronainfizierte nahm Karl Lauterbach wieder zurück. CDU-Chef Friedrich Merz moniert nun den Führungsstil des Gesundheitsministers – und stellt sich gegen eine Impfpflicht ab 60.
Oppositionsführer Merz: »Hier geht es um verkorkste Kompromisse«

Oppositionsführer Merz: »Hier geht es um verkorkste Kompromisse«

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Kay Nietfeld / dpa

Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) hat seine vorherige Ankündigung, die Isolation von Coronainfizierten ab dem 1. Mai freiwillig zu machen, wieder kassiert. Nach einer entsprechenden Aussage in der ZDF-Sendung »Markus Lanz« räumte der Minister auf Twitter einen Fehler ein.

Von der Opposition gibt es nun deutliche Kritik. Der CDU-Vorsitzende Friedrich Merz sagte im Deutschlandfunk, am Kurswechsel Lauterbachs sehe man, wie »kurzatmig« derzeit regiert werde. Beschlüsse hätten nicht einmal 48 Stunden Geltung.

Lauterbach hatte zuvor auf Twitter mitgeteilt, die Beendigung der verpflichtenden Isolation für Coronainfizierte »zugunsten von Freiwilligkeit wäre falsch und wird nicht kommen«. Eine solche Maßnahme entlaste zwar die Gesundheitsämter, sende aber ein falsches und schädliches Signal. Corona sei keine Erkältung. »Der Fehler lag bei mir und hat nichts mit der FDP oder Lockerung zu tun«, schrieb Lauterbach.

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Zuspruch von der Deutschen Stiftung Patientenschutz

Milder äußerte sich dagegen der Vorstand der Deutschen Stiftung Patientenschutz, Eugen Brysch. Es sei gut, dass der Bundesgesundheitsminister seinen Fehler eingesehen habe und die Pflicht zur Isolation von Infizierten aufrechterhalten wolle, so Brysch.

Die Isolationspflicht eines infizierten Menschen sei etwas anderes als die Quarantäne einer Kontaktperson. »Infizierte stecken andere Menschen mit dem Virus an und gefährden gerade Immungeschwächte, die mitten unter uns leben. Corona ist kein Schnupfen.«

Auch Irene Mihalic, Parlamentsgeschäftsführerin der Grünen, die in der Ampelkoalition mit SPD und FDP regieren, äußerte nur zurückhaltende Kritik. »Mit Blick auf die Quarantäne- und Isolationsregeln braucht es eine klare Kommunikation und wirklich Eindeutigkeit, Klarheit«, sagte Mihalic laut der Nachrichtenagentur AFP. »Die war sozusagen in den letzten Äußerungen von Herrn Lauterbach nicht da.« Sie finde es jedoch »anerkennenswert«, dass Lauterbach diesen Fehler nun korrigiert habe, sagte Mihalic.

Merz stellt sich gegen Impfpflicht ab 60

Einem neuen Vorschlag von Abgeordneten der Ampelkoalition für eine Impfpflicht ab 60 Jahren erteilte Merz indes eine Absage. »Diese Art der Politik – rein und raus, vor und zurück, über Talkshows anzukündigen, was man macht und was man zwei Tage später wieder nicht macht – den Weg gehen wir nicht mit«, sagte Merz. »Hier geht es um verkorkste Kompromisse, die die Koalition machen muss, weil sie sich untereinander nicht einig ist.«

Zuletzt lagen von verschiedenen Gruppen und Parteien Vorschläge verschiedener Arbeitsgruppen auf dem Tisch , darunter:

  • eine allgemeine Impfpflicht ab 18 Jahren, befristet bis Ende 2023 (unterstützt von Kanzler Olaf Scholz und Gesundheitsminister Karl Lauterbach),

  • eine Kombination aus Beratungspflicht für alle ab 18 Jahren und einer Impfpflicht ab 50 Jahren ab September,

  • ein »Impfmechanismus« in drei Stufen (ab 60, ab 50 sowie Mitarbeiter kritischer Infrastruktur, von Kitas, Schulen, Polizei) abhängig von einer Verschärfung der Coronalage (ein Vorschlag von Unionsabgeordneten),

  • die Ablehnung der Impfpflicht.

Keiner der Vorschläge hatte zuletzt Chancen auf eine Mehrheit, weswegen die Anhänger der Impfpflicht ab 18, hinter der sich die meisten Parlamentarier versammelt hatten, in letzter Minute noch einen Kompromissvorstoß unternommen haben. Der Antrag soll deutlich abgemildert werden.

Demnach soll die Impfpflicht ab September zunächst für Menschen ab 50 Jahren gelten, ungeimpfte Jüngere sollen lediglich ein Beratungsgespräch nachweisen. Der Bundestag soll am Donnerstag über die Vorschläge abstimmen.

fek/dpa/AFP
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