»Kein Wort zur Migrationskrise« Union wirft Ampel Fahrlässigkeit in der Migrationspolitik vor

Die Zahl der Schutzsuchenden steigt, die Kommunen ächzen – doch laut Unionsfraktionschef Merz kümmere sich Kanzler Scholz bisher herzlich wenig. Nun plant die Union einen eigenen Flüchtlingsgipfel.
Unionsfraktionschef Friedrich Merz (CDU)

Unionsfraktionschef Friedrich Merz (CDU)

Foto: Kay Nietfeld / dpa

Bei seiner Regierungsbefragung hatte Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) am Mittwoch das Thema Migration nonchalant beiseite gewischt. Auf den Vorwurf der Unionsfraktion, das »irreguläre Ausmaß« an Zuwanderung zu ignorieren, verwies der Kanzler auf Finanzmittel, mit denen die Kommunen ja unterstützt wurden. Niemand werde allein gelassen.

Die Lesart will Unionsfraktionschef Friedrich Merz (CDU) so nicht stehen lassen. Die »Gleichgültigkeit« des Kanzlers sei »fahrlässig«, sagte Merz nun der »Bild«-Zeitung: »Scholz' Verhalten erschüttert das Vertrauen der europäischen Partner in Deutschland

Laut Merz wurden im vergangenen Jahr 244.000 Asylanträge in Deutschland gestellt. Im laufenden Jahr gebe es schon jetzt jeden Monat 30.000 Einwanderer nach Deutschland, überwiegend Geflüchtete und Asylbewerber. Davon komme nur noch ein kleiner Teil aus der Ukraine, der größere aus dem Nahen und Mittleren Osten.

Der CDU-Innenexperte Alexander Throm sekundierte gegenüber der Nachrichtenagentur dpa: »Vom Kanzler Scholz hat man noch immer kein Wort zur Migrationskrise gehört, bei der CDU/CSU ist das Thema dagegen längst Chefsache.«

Union lädt zum Migrationsgipfel

Die »Chefsache« soll heute am späten Nachmittag diskutiert werden: Die Spitze der Unionsfraktion will mit Kommunalvertretern über Maßnahmen zur Steuerung und Begrenzung von irregulärer Migration diskutieren. Nach Angaben aus der Unionsfraktion wollen knapp 400 Kommunalpolitiker zu der Veranstaltung kommen. Die Kommunen fordern von Bund und Ländern eine langfristige Strategie zur Flüchtlingsaufnahme.

Nur wenn es diese gebe, könne Deutschland der humanitären Verantwortung gegenüber Schutzbedürftigen gerecht werden, heißt es in der Fraktion. Ein Bund-Länder-Gipfel mit Kanzler Olaf Scholz (SPD) zu Flüchtlingskosten ist erst für den 10. Mai geplant.

»Wir werden nicht länger dabei zusehen, wie die Hilferufe der Kommunen in dieser Krise ungehört bleiben«, kündigte Throm an. Die Verantwortlichen aus den Kommunen und Landkreisen müssten auch im Bundestag »das Gehör finden, das die Ampel ihnen anscheinend nicht gewähren will«. Die Unionsfraktion will nach Throms Worten nach der Diskussion mit den Kommunalvertretern im Bundestag einen Antrag einbringen, der auf den Erfahrungen und Bedürfnissen der Städte, Gemeinden und Landkreise aufbaue.

»Rückführungen schneller und effektiver« machen

Auf einen Verbündeten in der Ampel könnte die Unionsfraktion laut einem Medienbericht der Mediengruppe Bayern zählen. Die FDP-Bundestagsfraktion drängt demnach die Regierung mit einem Positionspapier, die stark angewachsene Zuwanderung von Asylbewerbern zu reduzieren. Die hohen Flüchtlingszahlen und die angespannte Lage bei der Unterbringung in den Kommunen drohe die gesamtgesellschaftliche Akzeptanz für Einwanderung insgesamt zu schmälern, heißt es in dem Papier von Vize-Fraktionschef Konstantin Kuhle und dem Parlamentarischen Geschäftsführer Stephan Thomae.

Sie fordern unter anderem, dass »der Ausreisegewahrsam auf 28 Tage verlängert« wird – bisher kann ein Richter dies für 10 Tage anordnen, etwa wenn ein Ausländer seine Abschiebung voraussichtlich vereiteln will. Die FDP pocht auch auf die zügige Umsetzung eines Punkts aus dem Koalitionsvertrag: nämlich zu klären, ob Asylanträge in Drittstaaten geprüft werden könnten. Ferner fordert die Koalitionsfraktion mehr Kompetenzen für die Bundespolizei bei der Rückführung von Ausreisepflichtigen, die sie in ihrem Zuständigkeitsbereich aufgreift. Thomae sagte den Zeitungen der Mediengruppe, es müssten »Rückführungen schneller und effektiver« gemacht werden.

mrc/dpa
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