Fünf-Stufen-Tarif Kommunen weisen FDP-Steuerpläne zurück

Das Steuerkonzept in den Händen von FDP-Vize Pinkwart: Kritik aus den Kommunen
Foto: THOMAS PETER/ REUTERSBerlin/Frankfurt am Main - Der Städte- und Gemeindebund hat das am Dienstag vorgestellte FDP-Steuerkonzept als unbezahlbar abgelehnt. Hauptgeschäftsführer Gerd Landsberg sagte der "Neuen Osnabrücker Zeitung", die Kommunen könnten angesichts einer katastrophalen Finanzlage weitere Steuerentlastungen nicht verkraften.
"Wer Steuerentlastungen befürwortet, muss den Kommunen sagen, wie sie mit noch weniger Einnahmen die Kinderbetreuung verbessern, die Schulen sanieren, die Kultur fördern, die Jugendarbeit verbessern und mit weiteren Investitionen das örtliche Handwerk stärken soll", forderte Landsberg mit Blick auf das Milliardendefizit der Kommunen. Bevor über Steuererleichterungen diskutiert werde, seien grundlegende Reformen und eine angemessene Finanzausstattung der Städte und Gemeinden dringend erforderlich.
Kritik an dem FDP-Steuerkonzept kam auch vom Deutschen Städtetag. "Niemals würden unsere Einnahmen durch das -Modell stabiler, ganz im Gegenteil", sagte Städtetagspräsidentin Petra Roth der "Süddeutschen Zeitung". Es bedeute, dass die Last der Gemeindefinanzierung statt den Firmen, die doch von guten Standorten profitierten, viel stärker den Bürgern aufgebürdet würde.
Nach den Plänen der FDP sollen kleine und mittlere Einkommen um rund 16 Milliarden Euro entlastet werden. Anstelle des bislang propagierten Modells aus drei Steuerstufen sieht der Vorschlag nun fünf Stufen vor - angefangen bei 14 Prozent für Einkommen bis zu 12.500 Euro. Die Veränderungen sollen spätestens 2012 in Kraft treten.
"Ökonomisch unsinnig"
Der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) kritisierte das FDP-Konzept ebenfalls. "Frei nach dem Motto rechte Tasche, linke Tasche ist das FDP-Steuerkonzept sozial ungerecht und ökonomisch unsinnig", sagte DGB-Chef Michael Sommer den "Ruhr Nachrichten". "Was netto mehr auf dem Lohnzettel steht, wird den Bürgerinnen und Bürgern durch staatliche Ausgabenkürzungen, höhere Gebühren, höhere Medikamentenzuzahlungen oder einen teureren Nahverkehr gleich wieder genommen."
Kritisch sehen auch Wirtschaftswissenschaftler die FDP-Steuerpläne. Der Wirtschaftsweise Peter Bofinger bezeichnete sie in den "Ruhr Nachrichten" als eine unseriöse Art der Finanzpolitik. Die FDP mache den zweiten Schritt vor dem ersten. Zunächst gelte es, die strukturelle Verschuldung von 90 Milliarden Euro abzubauen. Der Präsident des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW), Klaus Zimmermann, sagte dem Blatt: "Die FDP hat die Realität immer noch nicht akzeptiert. Sie weicht ihr aus." 16 Milliarden Euro Entlastung seien immer noch zu viel.
Bei CDU und CSU vernahm man die abgespeckten Pläne des Koalitionspartners zwar einerseits mit Erleichterung. Auf der anderen Seite gibt es jedoch auch gegen das schlankere Entlastungskonzept Vorbehalte. Unionsfraktionschef Volker Kauder (CDU) lobte in der "Passauer Neuen Presse", dass sich die FDP in die richtige Richtung bewegt habe. "Beim Zeitplan für die Steuerreform sind die Liberalen jetzt flexibler. Im nächsten Jahr wird es noch keine weiteren Steuerentlastungen geben. Da sind wir uns jetzt einig. Auch beim Stufentarif kommt uns unser Koalitionspartner nun entgegen."
Mit Blick auf mögliche Spielräume für Entlastungen verwies Kauder jedoch erneut auf die Steuerschätzung Anfang Mai. "Die FDP spricht von 16 Milliarden Euro. Ich nenne kein Entlastungsvolumen. Wir müssen erst die Steuerschätzung abwarten." Das Steuerkonzept werde sich daran orientieren, dass die Schuldenbremse im Grundgesetz eingehalten wird.
Sachsens Ministerpräsident (CDU) vermisst bei der FDP weiterhin den Realitätssinn. "In Anbetracht der Haushaltssituation halte ich es nur schwer für möglich, ein solches Entlastungsvolumen zu stemmen", sagte er der "Financial Times Deutschland". "Die öffentlichen Haushalte können weitere Einnahmeausfälle einfach nicht verkraften."
Tillich kritisierte, die finanziellen Auswirkungen der FDP-Pläne seien noch nicht genau zu beziffern. Insbesondere sei unbekannt, inwieweit die FDP die steuerliche Bemessungsgrundlage ändern wolle. "Wir müssen also das Konzept der FDP erst einmal sorgfältig prüfen", sagte Tillich. "Ob es eine Verhandlungsgrundlage bilden kann oder nicht, wird man erst nach genauem Studieren sagen können."
Lob erntete die FDP vom Deutschen Industrie- und Handelskammertag. Der DIHK begrüßte das Steuerkonzept als "wichtige Weichenstellung". Zu seiner Finanzierung seien aber Ausgabenkürzungen ab 2011 unverzichtbar, sagte sein Präsident Hans Heinrich Driftmann der "Neuen Osnabrücker Zeitung". Mit der schrittweisen Beseitigung der kalten Progression und des sogenannten Mittelstandsbauchs nehme die FDP die zentralen Schwächen der Einkommensbesteuerung ins Visier.