Fußnoten-Streit Dr. Guttenberg nennt Plagiatsvorwürfe abstrus

CSU-Politiker Guttenberg: "Die Anfertigung dieser Arbeit war meine eigene Leistung"
Foto: Michael Sohn/ APBerlin - Für Verteidigungsminister geht es derzeit nicht um die Bundeswehrreform oder die "Gorch Fock": Der CSU-Politiker muss sich mit einem Plagiatsvorwurf bei seiner Doktorarbeit auseinandersetzen - und wehrt sich. "Der Vorwurf, meine Doktorarbeit sei ein Plagiat, ist abstrus", teilte Guttenberg am Mittwoch in Berlin mit.
"Ich bin gerne bereit zu prüfen, ob bei über 1200 Fußnoten und 475 Seiten vereinzelt Fußnoten nicht oder nicht korrekt gesetzt sein sollten und würde dies bei einer Neuauflage berücksichtigen." An der Arbeit der Dissertation hätten keine Mitarbeiter mitgewirkt. "Die Anfertigung dieser Arbeit war meine eigene Leistung", so der Minister.
Politiker von SPD und Grünen übten Kritik an Guttenberg. "Kein Politiker wird gezwungen, eine Doktorarbeit zu schreiben. Aber wer eine schreibt, muss korrekt zitieren", sagte der Parlamentarische Geschäftsführer der SPD-Bundestagsfraktion, Thomas Oppermann, SPIEGEL ONLINE. Er warf der Bundesregierung mangelnde Glaubwürdigkeit vor. "Wenn die Bundesregierung die in China verbreitete Neigung zum Plagiat kritisiert und mehr Respekt für geistiges Eigentum fordert, muss sie das auch in den eigenen Reihen sicherstellen", sagte Oppermann.
Der SPD-Bundestagsabgeordnete Karl Lauterbach rechnet sogar damit, dass Guttenberg nach den Plagiatsvorwürfen seinen Doktortitel abgeben muss. "Sollten die Vorwürfe zutreffen, ist sein Doktortitel nicht zu halten", sagte Lauterbach SPIEGEL ONLINE. Wertungen und ganze Textbausteine zu übernehmen und als eigene darzustellen, sei ein schwerer Verstoß gegen die Grundregeln wissenschaftlichen Arbeitens. Er selbst prüfe als Professor sämtliche bei ihm eingereichten Doktorarbeiten mit einer speziellen Software auf mögliche Plagiate. "Ich bin überrascht, dass die Uni Bayreuth das offensichtlich versäumt hat", sagte Lauterbach.
Der bayerische SPD-Landtagsfraktionschef Markus Rinderspacher forderte Guttenberg auf, bis zur Klärung der Plagiatsvorwürfe auf seinen Doktortitel zu verzichten. Rinderspacher sagte am Mittwoch in München, Guttenberg müsse sich an seiner Haltung im Umgang mit der "Gorch Fock"-Affäre orientieren, wo er den Kapitän bis zur Prüfung aller Vorwürfe suspendiert hatte. Diesen Maßstab solle er nun auch an sich selbst anlegen.
SPD sieht Glaubwürdigkeit erschüttert
Die von einem Juraprofessor in der Dissertation des Ministers gefundenen wortgleichen Parallelen mit fremden Texten stellten einen "gravierenden Vorwurf gegen die wissenschaftliche Glaubwürdigkeit" Guttenbergs dar, so der SPD-Politiker. Im Übrigen wäre Guttenberg auch ohne Verwendung seines Doktortitels in der Führung seiner Ämter in Ministerium und Partei nicht gehindert.
Auch Grünen-Fraktionschef Jürgen Trittin nahm die Plagiatsvorwürfe zum Anlass, Guttenberg zu attackieren: "Egal ob vorsätzliches Plagiat oder einfache Schlamperei: Guttenberg hat zum ersten Mal das Problem, dass er die Verantwortung auf keinen anderen abschieben kann."
Einem Bericht der "Süddeutschen Zeitung" zufolge wirft der Bremer Juraprofessor Andreas Fischer-Lescano dem CSU-Politiker vor, in seiner Doktorarbeit Textpassagen aus anderen Veröffentlichungen wortwörtlich übernommen zu haben, ohne dies - wie vorgeschrieben - zu kennzeichnen. Die Doktorarbeit sei an mehreren Stellen "ein dreistes Plagiat", wird Fischer-Lescano in dem Bericht zitiert.
An acht Stellen "offenbarten sich in Guttenbergs Doktorarbeit Textpassagen, denen ein sauberer wissenschaftlicher Nachweis fehlte", heißt es in dem Zeitungsbericht. Es bestehe der Verdacht, dass Guttenberg mit "eklatanten Lücken" bei Fußnoten und Literaturliste "mindestens gegen die guten wissenschaftlichen Sitten verstoßen" habe. "Die Textduplikate ziehen sich durch die gesamte Arbeit und durch alle inhaltlichen Teile", sagte Fischer-Lescano.
"Arbeit nach bestem Wissen und Gewissen angefertigt"
Der Titel von Guttenbergs Doktorarbeit lautet: "Verfassung und Verfassungsvertrag. Konstitutionelle Entwicklungsstufen in den USA und der EU".
In den gravierendsten Fällen beanstandet Fischer-Lescano laut "Süddeutscher Zeitung" Stellen, in denen sich wortgleiche Übereinstimmungen mit Texten finden, "die Guttenberg offenbar weder in einer Fußnote noch im Literaturverzeichnis ausweist". Dabei handelt es sich demnach um einen Text aus der "NZZ am Sonntag" von 2003 und einem Vortrag, den das Liechtenstein-Institut im Jahr 2004 veröffentlichte.
Fischer-Lescano hatte Guttenbergs Arbeit den Angaben zufolge aus wissenschaftlichem Interesse gelesen und bei einer Routineprüfung die Parallelen entdeckt. Inzwischen hat er dem Bericht zufolge eine Kritik der Guttenberg-Arbeit verfasst. Sie soll Ende Februar in der Fachzeitschrift "Kritische Justiz" erscheinen. Fischer-Lescano ist Mitherausgeber des Fachblatts, das "politisch links zu verorten ist", heißt es in dem Zeitungsbericht. Darüberhinaus zog Fischer-Lescano seinen Freund und Kollegen Felix Hanschmann als Ratgeber heran. Hanschmann hat sich laut "SZ" als wissenschaftlicher Mitarbeiter am Bundesverfassungsgericht mit Plagiatsfällen beschäftigt. Auch Hanschmann hält demnach die Arbeit Guttenbergs in Teilen für ein Plagiat.
Der zuständige Ombudsmann von Guttenbergs früherer Universität Bayreuth prüft dem Bericht zufolge die Vorwürfe. Der "Süddeutschen Zeitung" sagte Guttenberg dazu: "Dem Ergebnis der jetzt dort erfolgenden Prüfung sehe ich mit großer Gelassenheit entgegen. Ich habe die Arbeit nach bestem Wissen und Gewissen angefertigt."