Gabriel auf Golf-Reise Vier Tage Weltpolitiker
Berlin - Nein, so richtig rund läuft es nicht für Sigmar Gabriel und seine SPD. Mindestlohn, Mietpreisbremse, Einwanderungsgesetz - die Genossen forcieren ein Projekt nach dem anderen. Doch an der mittelmäßigen Beliebtheit der Partei will sich einfach nichts ändern.
Persönlich sieht es für Gabriel nicht viel besser aus. Während Kanzlerin und Außenminister auf der Weltbühne glänzen, muss der Wirtschaftsminister sich um Energiewende und Bürokratieabbau kümmern. Schwarzbrotthemen. Doch jetzt bekommt er die Gelegenheit, sich auf einer längeren Reise in der Außenpolitik zu profilieren. Der Trip hat es in sich: Saudi-Arabien, dann die Vereinigten Arabischen Emirate und Katar. Politisch heikles Terrain also.
Es sind Schlüsselstaaten in den weltpolitischen Großthemen: Energie und Anti-Terror-Kampf. Vom Vizekanzler Gabriel erwarten viele, dass er bei den Scheichs auch sensible Fragen anspricht. Zum Beispiel jene nach den Menschenrechten. Frauen werden in Saudi-Arabien unterdrückt, Minderheiten ebenfalls, das Land hat in diesem Jahr bereits 38 Menschen hingerichtet - so viele wie noch nie. Als Sinnbild für die problematische Menschenrechtslage gilt das Schicksal des Bloggers Raif Badawi, der 2014 wegen angeblicher Beleidigung des Islam zu zehn Jahren Haft und 1000 Peitschenhieben verurteilt worden war.
Setzt sich Gabriel für Badawi ein?
Badawis Ehefrau forderte den Vizekanzler kürzlich auf, sich in Riad für die Freilassung ihres Mannes einzusetzen. Wird Gabriel die Erwartung erfüllen? Gemahnt hat er schon: Wenn es zwischen Deutschland und Saudi-Arabien eine "Partnerschaft auf Augenhöhe" geben solle, müsse auf Rechtstaatlichkeit und Menschenrechte geachtet werden, sagte er in dieser Woche in Anwesenheit des saudi-arabischen Ölministers.
Allzu direkt dürfte Gabriel jedoch nicht werden - zumindest öffentlich. Er weiß, dass ein solches Verhalten in Riad als Inszenierung auf Kosten des Königshauses gesehen werden könnte. Und verprellen will Gabriel das Land nicht. Dazu sind die Wirtschaftsverbindungen zu wichtig, auch in der Rüstungspolitik - ein Thema, das Gabriel seit Amtsantritt verfolgt wie kaum ein anderes.
Saudi-Arabien ist seit Jahren einer der wichtigsten Käufer von deutschem Kriegsgerät. Berlin steht immer wieder vor der Frage, ob die Exporte angesichts der Menschrechtslage politisch vertretbar sind. Gabriel weiß um die heiklen Momente, die ihm im Reich der Saudis drohen. Manager von Rüstungsunternehmen nimmt er vorsichtshalber nicht mit.
Gabriels Transparenzoffensive
Als Wirtschaftsminister hat sich Gabriel vorgenommen, weniger Rüstungsgüter in repressiv regierte Länder wie Saudi-Arabien zu exportieren. Ein Unterfangen, bei dem er sich selbst auf einem guten Weg sieht. Um beim heiklen Waffenthema Transparenz zu vermitteln, hat sein Ministerium kurz vor der Reise nach Riad eine Liste veröffentlicht. Sie enthält alle Entscheidungen des Bundessicherheitsrates über die Ausfuhrgenehmigung von Rüstungsgut seit dem Jahre 2002.
Gabriels Beamte listen auf Drängen des Linken-Abgeordneten Jan van Aken detailliert auf, was an Kriegsmaterial in sogenannte Drittländer exportiert werden durfte. Entgegen der bislang gängigen Praxis nennt das Ministerium erstmals auch die Namen der Hersteller.
Unter den Vorgängerregierungen, auch unter SPD-Kanzler Gerhard Schröder, konnte unter anderem der Waffenhersteller Heckler&Koch reichlich Material nach Saudi-Arabien, in die Vereinigten Arabischen Emirate und nach Katar liefern. Etwa Maschinengewehre vom Typ G36, Maschinenpistolen, Granatmaschinenwaffen. Die Düsseldorfer Rüstungsschmiede Rheinmetall verkaufte Hunderttausende Handgranaten und Munition. Einen dicken Auftrag zur Lieferung von Granatwaffen im Wert von 6,3 Millionen Euro weist die Liste auch für die Firma Dynamit Nobel Defence für das Jahr 2007 aus.
Die wohl längste Auflistung von Rüstungsgut für Saudi-Arabien stammt aus der Zeit der schwarz-gelben Koalition zwischen 2009 und 2013. Das Ministerium betont ausdrücklich, mit welchem Aufwand seine Beamten an der aktuellen Aufstellung gearbeitet hätten. Ein ganzes Kernreferat sei sechs Wochen damit befasst gewesen. Die Botschaft: Früher wurde großzügig verkauft, seit Gabriels Amtsantritt wird der Export restriktiver gehandhabt.
"Geschäft mit dem Tod" hat Gabriel die Rüstungsexporte in fragwürdige Länder einmal genannt. Ähnlich forsche Töne erhoffen sich Menschenrechtler von ihm, wenn er saudi-arabischen Boden betritt.
Und so wird die Reise auch ein Test in der Frage, wie ernst Gabriel sein Vorhaben einer restriktiveren Rüstungspolitik nimmt.
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Zusammengefasst: Die anstehende Reise nach Saudi-Arabien wird für Vizekanzler Gabriel schwierig. In Energie- und Rüstungsfragen ist Riad ein guter Geschäftspartner, um die Menschenrechte ist es dagegen schlecht bestellt. Auch mit dem Fall des Bloggers Raif Badawi dürfte Gabriel konfrontiert werden.