Euro-Rettung Gauck fordert von Merkel Klartext in der Krise
Bundespräsident Gauck richtet per Fernsehinterview mahnende Worte an Angela Merkel. Die Kanzlerin müsse den Bürgern die Euro-Rettung besser erklären: "Sie hat die Verpflichtung, detailliert zu beschreiben, was das bedeutet." Merkels Kritiker, die vor dem Verfassungsgericht klagen, lobt er.
Berlin - Angela Merkel soll den Bürgern die Euro-Rettung in sämtlichen Einzelheiten besser erklären. Das hat Bundespräsident Joachim Gauck im ZDF-Sommerinterview gefordert. "Sie hat nun die Verpflichtung, sehr detailliert zu beschreiben, was das bedeutet, auch fiskalisch bedeutet." Die Politik insgesamt würde manchmal zu wenig kommunizieren, sagte Gauck in dem Interview. "Manchmal ist es mühsam zu erklären, worum es geht. Und manchmal fehlt die Energie, der Bevölkerung sehr offen zu sagen, was eigentlich passiert." Er könne da helfen.
Doch Gauck ist nicht gänzlich unzufrieden mit der Kanzlerin. Im Gegenteil. Er betrachte ihre Arbeit mit großem Respekt, sagte er. "Ich könnte nicht, was sie kann und was sie gerade leistet."
Lob hatte Gauck allerdings auch für jene übrig, die vor dem Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe Klage gegen den Fiskalpakt und den Europäischen Stabilitätsmechanismus (ESM) eingereicht haben. Sprich: für die Gegner der Merkelschen Krisenpolitik. "Die Kläger haben alles Recht, ihre Sorgen zum Ausdruck zu bringen", sagte Gauck. Er habe sich intensiv mit den Klagen auseinandergesetzt und auch nachgefragt. "Ich bin froh, dass dieser Weg beschritten wird." Er wünsche sich eine breite gesellschaftliche Debatte.
Am kommenden Dienstag verhandeln die Richter in Karlsruhe über die Eilanträge. Mit einer Entscheidung des höchsten deutschen Gerichts wird noch im Juli gerechnet.
Selbstkritisch zeigte sich Gauck im Rückblick auf seine Äußerung vom April, wonach er keine Bedenken wegen der Verfassungsmäßigkeit des deutschen Euro-Rettungskurses habe. "Da hätte mehr Zurückhaltung mir gut gestanden", sagte der Bundespräsident nun. Er verwies aber nach ZDF-Angaben darauf, dass seine Äußerung in dem Interview von damals spontan und keinesfalls geplant gewesen sei. Die Worte waren ihm damals als Bevormundung des Gerichts ausgelegt worden.
Die Ergebnisse des Brüsseler EU-Gipfels vergangene Woche bewertete Gauck nach Angaben des Fernsehsenders aus deutscher Sicht als nicht zu negativ. Bei Verhandlungen und Auseinandersetzungen setze sich selten eine Seite komplett durch, Finanzprobleme bräuchten Zugeständnisse. Für den italienischen Ministerpräsidenten Mario Monti sei es offenbar wichtig gewesen, "nach Hause zurückzukehren und in seiner Bevölkerung Handlungsfähigkeit zu demonstrieren", sagte Gauck. "Für mich war aber wichtig zu hören, dass nicht alle Felle davongeschwommen sind und dass auch nicht rote Linien überschritten sind."
Das Fernsehgespräch mit Gauck wird am Sonntag um 19.10 Uhr in voller Länge gesendet, die "heute"-Sendung hatte bereits am Samstag darüber berichtet.
aar/dpa