Geis-Entgleisung Empörung über Gerede von der "durchrassten Gesellschaft"
Berlin - Am Dienstagabend war der rechtspolitische Sprecher der Unionsfraktion im Bundestag in der TV-Sendung "Vorsicht! Friedmann" aufgetreten. Dort sagte er nach Angaben des Senders, es gehe darum, dass Deutschland auch den Deutschen gehören solle, "so wie den Franzosen Frankreich und den Italienern Italien". - "Warum lasst ihr nicht Deutschland den Deutschen?", fragte der CSU-Politiker.
In Berlin distanzierte sich am Mittwochvormittag der CDU-Generalsekretär Laurenz Meyer von der Wortwahl seines Parteifreundes. "Wenn Sie das Stichwort als solches nehmen - das wäre nicht meine Wortwahl." Eine "absolute Wahlkampfvorlage" nannte hingegen der Grünen-Bundestagsabgeordnete Cem Özedemir die Äußerungen des CSU-Politikers. "Herr Geis hat gezeigt, wes Geistes Kind er ist", empört sich der innenpolitische Sprecher der Grünen-Fraktion. Jetzt müsse Edmund Stoiber als Kanzlerkandidat der Union Stellung zu den Äußerungen nehmen. "Wir werden auf jeden Fall nicht die Arbeitsteilung der Union durchgehen lassen: Der Kanzlerkandidat beschwichtigt, Herr Geis langt kräftig zu."
Der innenpolitische Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion, Dieter Wiefelspütz, meinte: "Herr Geis hätte lieber geschwiegen." Schon Stoibers Wortwahl vor einigen Jahren sei "mehr als peinlich" gewesen. Das Zitat nun erneut zu verwenden, nannte der SPD-Jurist "mehr als bedauerlich." Wiefelspütz forderte Stoiber auf, "solche Töne in seinen eigenen Reihen abzustellen." Der SPD-Politiker zeigte sich überzeugt, dass der Kanzlerkandidat der Union "heute solch eine Äußerung nicht mehr in den Mund nehmen würde."
Auch der rechtspolitische Sprecher der Grünen-Bundestagsfraktion, Volker Beck, nannte Geis' Auftritt "verheerend". In einer weltoffenen Gesellschaft habe "die Rassenlehre nichts mehr zu suchen," sagte Beck. Auf die Geisteshaltung eines Geis würden die Grünen im kommenden Wahlkampf mit hinweisen: "Wir werden klar machen, dass es bei der Wahlentscheidung um Vorwärts oder Rückwärts geht." Den Begriff von einer "durchrassten Gesellschaft" war erstmals 1988 von Stoiber als CSU-Generalsekretär geprägt worden. Damals hatte er dem SPD-Politiker Oskar Lafontaine vorgeworfen, dieser wolle "eine multinationale Gesellschaft auf deutschem Boden, durchmischt und durchrasst". Den Ausdruck "durchrasst" hatte Stoiber hinterher öffentlich bedauert.