Reaktionen auf Interview von Putin-Freund Schröder »Keinen Cent seiner Mitgliedsbeiträge mehr annehmen«

Nach weiteren umstrittenen Aussagen in einem Interview mit der »New York Times« wächst der Druck auf Altkanzler Gerhard Schröder. Neben einem Parteiausschluss dringen einige Genossen auf sofortige Maßnahmen.
Ex-Kanzler Schröder im Dezember 2021 in Berlin

Ex-Kanzler Schröder im Dezember 2021 in Berlin

Foto: Stefan Boness / IPON / IMAGO

Die SPD debattiert nach den neuerlichen Äußerungen von Parteimitglied Gerhard Schröder erneut über Konsequenzen für den Ex-Bundeskanzler. Dieser hatte zuvor in einem Gespräch mit der »New York Times« bekräftigt, trotz massiver Kritik an seinen hochdotierten Posten bei russischen Energieunternehmen festhalten und seine engen Verbindungen nach Russland trotz des Angriffskriegs gegen die Ukraine nicht kappen zu wollen.

»Gerhard Schröder schadet unserem Land, unserem internationalen Ansehen – und besonders auch der SPD«, schrieb nun die SPD-Bundestagsabgeordnete Michelle Müntefering auf Twitter.

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Es gelte nun, einen Parteiausschluss Schröders zu prüfen. Als unmittelbare Maßnahme empfahl Müntefering, die SPD solle »keinen Cent seiner Mitgliedsbeiträge mehr annehmen. Das ist schmutziges Geld«. Müntefering ist Mitglied des SPD-Parteivorstands.

Der Spitzenkandidat der SPD in Schleswig-Holstein, Thomas Losse-Müller, sagte dem SPIEGEL, dass Gerhard Schröder politisch keine Rolle mehr spiele. Wenn dieser sich äußere, spreche er als bezahlter Lobbyist russischer Unternehmern. »Deshalb hat sein Handeln auch keine Auswirkungen auf den Landtagswahlkampf in Schleswig-Holstein«, sagte Losse-Müller. Und weiter: »In der SPD wünschen wir uns alle, dass Schröder seine Posten bei russischen Staatsunternehmen niederlegt. Er stellt sich auf die falsche Seite der Geschichte. Damit beschädigt er das Ansehen Deutschlands in der Welt und zerstört seine Erfolge als Bundeskanzler. Aus guten Gründen läuft in Hannover ein Parteiordnungsverfahren.«

Der Landeschef der Sozialdemokraten in Nordrhein-Westfalen und Spitzenkandidat der Partei für die bevorstehende Landtagswahl, Thomas Kutschaty, legte Schröder einen Parteiaustritt nahe. »Ich halte das gesamte Gebaren von Gerhard Schröder für nicht vereinbar mit den Grundwerten der SPD«, sagte Kutschaty dem Nachrichtenportal »t-online«. Der Ex-Kanzler solle sich überlegen, »ob er noch Mitglied der SPD sein will oder ein Unterstützer von Putin«.

Niedersachsens Ministerpräsident Stephan Weil nannte die Haltung Schröders zum Krieg in der Ukraine enttäuschend. »Ich hätte mir sehr gewünscht, dass nach zwei Monaten Erfahrung mit diesem schrecklichen Krieg auch Gerhard Schröder die richtigen Konsequenzen zieht und seine Mandate aus den russischen Energieunternehmen zurückgibt.« Weil sagte, man müsse zu allen Teilen seiner Geschichte stehen - »im Guten wie im nicht Guten. Das erleben wir am Beispiel von Gerhard Schröder derzeit sehr eindrücklich.«

Die niedersächsische Landesmedaille dürfte Schröder aber dennoch vorerst behalten. »In seiner aktiven Zeit, als er öffentliche Ämter innehatte, als er viel Verantwortung auch für Niedersachsen hatte, hat Gerhard Schröder sehr viel Gutes für unser Land getan«, sagte Weil.

Zuvor hatte bereits die SPD-Vorsitzende Saskia Esken Schröder zum Austritt geraten. Die Aufgabe seiner Mandate bei russischen Konzernen »wäre notwendig gewesen, um sein Ansehen als ehemaliger und einst erfolgreicher Kanzler zu retten. Und diesem Rat ist er leider nicht gefolgt«, sagte Esken am Montagmorgen im Deutschlandfunk. Bereits zuvor hatte Esken Schröder im SPIEGEL-Interview  attackiert. »Schröder agiert seit vielen Jahren als Geschäftsmann und nicht als Elder Statesman. Er verdient sein Geld mit der Arbeit für russische Staatsunternehmen.«

Neuer Druck von der CDU

Der CDU-Politiker Hendrik Wüst, zugleich Spitzenkandidat der Partei bei der Landtagswahl in NRW, pochte nach den neuerlichen Aussagen Schröders auf Konsequenzen von der SPD-Spitze. Das Interview sei »schon ziemlich verstörend und es muss Folgen haben«, sagte Wüst bei Bild TV. »Die gesamte SPD-Führung hat gesagt: Wenn Gerhard Schröder an seinen gut bezahlten Mandaten bei Putin festhält, kann er nicht mehr Mitglied der SPD sein.« Jetzt sage er, dass er genau das vorhabe. »Deshalb ist die SPD jetzt aufgerufen, ihren Worten Taten folgen zu lassen.«

Der CDU-Europaabgeordnete Dennis Radtke kritisierte bei Twitter auch die neuerlichen Äußerungen Eskens. »Die halbherzigen Aufforderungen an Schröder haben bislang zu keinen Konsequenzen geführt. Warum sollten sie es jetzt?«

Schröder ist Aufsichtsratschef beim staatlichen russischen Energieriesen Rosneft und Vorsitzender des Gesellschafterausschusses der Pipeline-Gesellschaft Nord Stream. Außerdem ist er im zuständigen Handelsregister nach wie vor als Verwaltungsratspräsident der Nord Stream 2 AG eingetragen.

fek/dpa
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