Gesetzliche Frauenquote Justizministerin will Konzernen bis 2013 Zeit geben

Ministerin Leutheusser-Schnarrenberger: Setzt auf Selbstregulierung
Foto: dpaBerlin - Justizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP) hat sich gegen eine zu schnelle gesetzliche Regelung bei der Frauenquote ausgesprochen. "Bis 2013 werden weitere Aufsichtsratsmandate und Vorstandsposten neu zu besetzen sein, bis dahin müssen die Unternehmen noch Taten folgen lassen", sagte sie der "Passauer Neuen Presse". Erst dann entscheide sich, ob es noch gesetzlicher Vorgaben bedürfe. Solange eine Selbstregulierung der Unternehmen ans Ziel führe, bedürfe es "keiner gesetzlichen Quoten", sagte die Ministerin.
Die stellvertretende FDP-Chefin verwies auf den Corporate Governance Kodex, der seit Mai 2010 empfehle, Frauen angemessen zu berücksichtigen. Seitdem seien bei Nachwahlen von Aufsichtsratsmitgliedern 9 von 23 Posten mit Frauen besetzt worden. Offenbar vollziehe sich in der Wirtschaft nun der lange geforderte Mentalitätswandel.
Über eine Frauenquote in den 30 im deutschen Aktienindex (Dax) notierten Konzernen wird derzeit in der Politik heftig debattiert - Familienministerin Kristina Schröder (CDU) fordert eine Selbstverpflichtung der Unternehmen, Arbeitsministerin Ursula von der Leyen (CDU) will eine gesetzlich festgelegte Quote, war damit aber bei Kanzlerin Merkel gescheitert. Heute stellen die Unternehmen der Regierung ihr Konzept vor.
Leyen: "Ohne Gesetz wird es nicht gehen"
Schröders weiche Forderung stößt bei der Opposition auf Kritik. SPD-Vize Manuela Schwesig hat Schröder im Interview mit SPIEGEL ONLINE vorgeworfen, sich mit ihrem Modell von den Unternehmen vorführen zu lassen. SPD-Chef Sigmar Gabriel drängte auf eine feste Frauenquote in Führungspositionen bei den Dax-Konzernen. Dadurch würden sich auch die Firmen verändern, sagte Gabriel im Deutschlandfunk. Zugleich kritisierte er eine "ziemlich ungleichgewichtige Debatte". Es werde sich um einen kleinen Teil gekümmert. Das nütze jedoch den Frauen nichts, die in "ganz normalen Beschäftigungsverhältnissen" seien und fast 25 Prozent schlechter bezahlt würden als Männer.
An diesem Montag stellen die Dax-Konzerne ihre Ziele für mehr Frauen in Führungspositionen vor - an dem Treffen nimmt neben den Ministerinnen Schröder und von der Leyen auch Wirtschaftsminister Philipp Rösler (FDP) teil. Die "Süddeutsche Zeitung" hatte allerdings am Samstag berichtet, dass sich die Unternehmen auf keine konkreten Ziele und keinen Zeitplan für eine Frauenquote in Vorständen und Aufsichtsräten festgelegt hätten.
Arbeitsministerin Leyen verlangte abermals eine eindeutige Aussage von den Dax-Konzernen. "Wie Frauen dort in Führungspositionen kommen, mit welcher Quote und in welcher Zeit diese erreicht werden soll - das muss klar sein", sagte die CDU-Politikerin im ZDF-"Morgenmagazin". Leyen Die bekräftigte ihre Forderung nach einer Frauenquote von 30 Prozent bis 2018. "Ich bin der festen Überzeugung, ohne Gesetz wird es nicht gehen", sagte von der Leyen. Das hätten die "frustrierenden Erfahrungen in den letzten zehn Jahren" gezeigt. Die DAX-Konzerne hätten fast nichts bewegt. Per Gesetz müssten vor allem Sanktionen definiert werden, "wenn wieder nichts passiert".
Deutsche Bahn will Frauenanteil von 25 Prozent
Nach SPIEGEL- Informationen will Ministerin Schröder Verstöße gegen ihre geplante Flexiquote mit Bußgeldern belegen. So steht es im Arbeitsentwurf des Familienministeriums für eine gesetzliche Frauenquote. Schröder will das Gesetz noch in dieser Legislaturperiode verabschieden. Laut Arbeitsentwurf soll es bereits am 1. Juli 2012 in Kraft treten. Der Gesetzentwurf sieht vor, dass alle börsennotierten und mitbestimmten Unternehmen künftig jährlich nicht nur die Anzahl von Frauen und Männern in Vorstand und Aufsichtsrat veröffentlichen müssen. Sie sollen obendrein auch erklären, welchen Geschlechteranteil sie bei der nächsten Bestellung der Gremien anstreben wollen. Bei Verstößen soll es Sanktionen geben: Entspricht die Zusammensetzung eines Vorstands nicht der Selbstverpflichtung, wird seine Bestellung unwirksam. Auch die Wahl des Aufsichtsrats kann angefochten werden, wenn das Männer-/Frauen-Verhältnis nicht den Ankündigungen entspricht. Für den Fall, dass die Selbstverpflichtung nicht oder falsch abgegeben wird, droht Schröder in ihrem Entwurf mit einer Geldbuße von bis zu 25.000 Euro.
Einzelne Großkonzerne haben bereits angekündigt, mehr Frauen in Top-Positionen bringen zu wollen: Bis 2015 solle jede fünfte Führungskraft weiblich sein, teilte der Deutsche-Bahn-Konzern (DB) am Sonntag mit. Derzeit seien es 16 Prozent. In der gesamten Belegschaft soll der Frauenanteil auf 25 Prozent steigen. Aktuell sind rund 20 Prozent der 192.000 Mitarbeiter der DB Deutschland Frauen. "Wir wollen mehr Vielfalt bei der DB. Das ist entscheidend für eine gute Zusammenarbeit und für die Entwicklung einer Unternehmenskultur, in der sich alle wertgeschätzt fühlen", hieß es in der Erklärung von Bahn-Personalvorstand Ulrich Weber.
Das Unternehmen hat dazu ein umfassendes Programm aufgesetzt. Dazu gehört unter anderem die Absicht, kurzfristig Frauen als Aufsichtsratsmitglieder zu benennen. Zudem müsse künftig für jede Führungsposition mindestens eine Frau vorgeschlagen werden. Ein Mentoring-Programm soll Frauen und Männer bei der Rückkehr aus der Elternzeit in den Beruf unterstützen. Darüber hinaus will das Unternehmen an Schulen und Hochschulen verstärkt weiblichen Nachwuchs für die traditionell männerdominierte Mobilitätsbranche anwerben.