
Besser ein Komma oder ein Semikolon? Für sie war diese Frage keine Kleinigkeit. Sie diskutierte die genaue Bedeutung der einen, dann der anderen Variante. Und am Ende war vielleicht doch ein Punkt die Lösung. Erst wenn ein Satz präzise das ausdrückte, was die Kolumnistin sagen wollte, durfte er veröffentlicht werden. Dieselbe Präzision verlangte sie auch den Objekten ihrer oft scharfen politischen Analysen ab, nie gab sie sich mit einem bloßen Eindruck zufrieden: Bettina Gaus nahm die Politik beim Wort.

Sein Racheplan
Es gibt kaum Zweifel daran, dass Donald Trump eine zweite Amtszeit anstrebt und für die Präsidentschaftswahl 2024 erneut kandidieren will. Die Republikaner versuchen nun, in etlichen Bundesstaaten die Wahlgesetze so zu ändern, dass ein Sieg wahrscheinlicher wird. Über ein demokratiegefährdendes Experiment.
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Für die in München geborene Tochter des Journalisten und Diplomaten Günter Gaus gehörte die politische Debatte von Kindheit an zum Abendbrot wie in anderen Haushalten die Butter. Aus dem Schatten des Vaters trat die Absolventin der Deutschen Journalistenschule schnell: Zunächst als Korrespondentin für die Deutsche Welle und die »taz« aus Ost- und Zentralafrika, dann als Leiterin des »taz«-Parlamentsbüros. Als politische Korrespondentin der »taz« schrieb sie ungezählte Kolumnen, Kommentare und Analysen, bis der SPIEGEL sie im April 2021 als Kolumnistin gewinnen konnte.
Da war sie längst eine der tonangebenden Stimmen im deutschen Journalismus und gefragte Gesprächspartnerin. Bis zuletzt bildete Gaus junge Journalistinnen und Journalisten aus, nahm Teil an der politischen Debatte, schmiedete Pläne für Reisen und arbeitete an der These für ihren nächsten Text. Bettina Gaus starb am 27. Oktober in Berlin.